EU-Ausländer:Nahles streicht Hilfen

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Bürger aus anderen EU-Staaten sollen fünf Jahre keine Sozialleistungen bekommen, wenn sie in Deutschland nicht arbeiten. Die CSU triumphiert.

Von Thomas Öchsner und Robert Roßmann, Berlin

Die Bundesregierung will Bürger aus anderen EU-Staaten fünf Jahre von Sozialhilfe und Hartz IV ausschließen, wenn sie in Deutschland nicht arbeiten oder keine Ansprüche auf Sozialleistungen erworben haben. Dies kündigte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) am Donnerstag an. Wer nicht arbeiten wolle, habe auch kein Recht, deutsche Sozialhilfe zu bekommen, sagte sie. Bei ihrem Vorstoß hat Nahles die Rückendeckung von Kanzlerin Angela Merkel. Die Union lobte die Initiative der Bundesarbeitsministerin.

Mit ihrem Gesetzesentwurf, der jetzt zur Abstimmung ins Kanzleramt ging, reagierte die SPD-Politikerin auf mehrere umstrittene Urteile des Bundessozialgerichts. Dieses hatte erst vor ein paar Monaten den Zugang zu Leistungen aus der Sozialhilfe in Deutschland erleichtert und entschieden, EU-Bürger ohne Ansprüche auf Hartz IV könnten nach sechs Monaten Aufenthalt die ähnlich hohe Sozialhilfe erhalten. Bei den dafür zuständigen Kommunen hatte dies zu heftigen Protesten geführt. Der Deutsche Landkreistag befürchtet Zusatzkosten von 800 Millionen Euro.

Dieses vom höchsten Sozialgericht geschaffene Schlupfloch will Nahles nun schließen. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums sollen EU-Bürger in Zukunft ausdrücklich erst dann Anspruch auf staatliche Hilfe haben, wenn sich ihr Aufenthalt nach fünf Jahren "verfestigt hat". Sie erhalten aber nach ihrer Ankunft einmalig und für höchstens vier Wochen eine Art Nothilfe, zum Beispiel für Essen oder eine Unterkunft. Auch ein Darlehen für die Rückreise ins Heimatland ist möglich. Die Arbeitsministerin will damit rechtliche Unklarheiten beseitigen. Dies ändert nichts daran, dass EU-Bürger Arbeitslosengeld I oder II (Hartz IV) bekommen, wenn sie sich durch ihre Arbeit auf diese Leistungen Ansprüche erworben haben. Das Gesetz bedeute "keine Schlechterstellung zum bisherigen Recht", sagte Nahles. Wegen der großen Unterschiede bei der Höhe der Sozialhilfe in der EU dürfe es aber kein Recht geben, "den Ort der Auszahlung der Sozialhilfe frei aussuchen zu können".

Während Grüne und Linke die Pläne der Ministerin als unsozial und womöglich verfassungsfeindlich kritisierten, kam von der CSU großes Lob. Parteichef Horst Seehofer sagte der Süddeutschen Zei tung, die SPD-Ministerin handele "richtig". Es sei "erfreulich, dass Berlin jahrelange Forderungen der Bayern übernimmt". Der bayerische Ministerpräsident sagte: "Verwunderlich ist nur, warum wir immer zuallererst für Dinge gescholten werden, die dann doch kommen."

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte der SZ, ihre Landesgruppe habe "im Januar 2014 in Wildbad Kreuth ganz schön Prügel bezogen, als sie das Thema Sozialmissbrauch auf die Tagesordnung gesetzt und konkrete Vorschläge dazu gemacht hat". Der Gesetzentwurf zeige nun, "wie richtig wir damals lagen". Hasselfeldt sagte, sie freue sich, "dass die Gesetze nun in unserem Sinn verschärft werden". Das sei "dringend notwendig". Um die Freizügigkeit in Europa zu erhalten, müsse Deutschland "die Einwanderung in unsere Sozialsysteme verhindern".

© SZ vom 29.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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