Eskalation in Tripolis:Libyer protestieren gegen blutige Gewalt der Milizen

Lesezeit: 2 min

Trauerprozession für ein Opfer der Gewalt am Freitag: Hunderte gehen in der libyschen Hauptstadt Tripolis auf die Straße. (Foto: dpa)

Die Situation in der libyschen Hauptstadt Tripolis spitzt sich zu. Seit Freitagabend kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen der Milizen mit Dutzenden Toten, nun ruft der Stadtrat einen dreitägigen Generalstreik aus. US-Außenminister Kerry und Bundesaußenminister Westerwelle zeigen sich sehr besorgt.

Aus Protest gegen die Gewalteskalation durch die Milizen in Tripolis hat der Stadtrat der libyschen Hauptstadt einen dreitägigen Generalstreik ausgerufen. Der Streik sei ein "Zeichen der Trauer und der Solidarität" mit den Angehörigen der 43 Todesopfer, hieß es in einer Erklärung vom Samstagabend. Stadtratspräsident Sadat Al-Badri kündigte eine "Kampagne des zivilen Ungehorsams" an, "bis diese Milizen abziehen".

Die Gewalt war am Freitagabend nach einer zunächst friedlichen Demonstration gegen die Milizen eskaliert, als aus einem Miliz-Hauptquartier Schüsse auf die Demonstranten abgefeuert worden waren. 43 Menschen wurden bei den Unruhen getötet und mehr als 450 Menschen verletzt, teilte das Justizministerium mit.

In einem östlichen Vorort von Tripolis gab es am Samstag neue Kämpfe zwischen bewaffneten Milizen, bei denen mindestens ein Mensch getötet wurde. Ministerpräsident Ali Seidan forderte das sofortige Ende der Gewalt. Die "nächsten Stunden und Tage" würden über "die Geschichte Libyens und den Erfolg der Revolution entscheiden", sagte er am Samstag. US-Außenminister John Kerry zeigte sich "tief besorgt" und rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Der amtierende Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) appellierte an alle politischen Kräfte, "sich für einen friedlichen und demokratischen Übergangsprozess in einem geeinten Libyen einzusetzen".

Die Milizen weigern sich, ihre Waffen abzugeben

Nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 waren die Milizionäre zunächst als Helden gefeiert worden. Sie weigern sich jedoch bis heute, ihre Waffen abzugeben oder sich in die neuen Sicherheitskräfte einzugliedern.

Die Wut auf die Milizen hatte am Freitag viele hundert Menschen auf die Straßen getrieben. Imame und der Mufti von Tripolis hatten zu den Protesten aufgerufen. Die Demonstranten zogen mit weißen Flaggen als Zeichen ihrer Friedfertigkeit sowie mit Landesflaggen auf die Straße.

Sie belagerten die Gebäude der als besonders brutal geltenden Misrata-Miliz im südlichen Stadtteil Gharghur, aus denen schließlich Schüsse abgefeuert wurden. Mitglieder anderer Milizen setzten schließlich die Häuser in Brand. Tote gab es auf Seiten der Milizen und der Demonstranten.

Am Samstag griff die Misrata-Brigade eine Kaserne an. Bei den Kämpfen wurde ein Mensch getötet. Es habe acht Verletzte gegeben, sagte ein Militärsprecher. Die Misrata-Milizionäre hätten die Basis schließlich geplündert und auch Militärfahrzeuge erbeutet. Mehr Misrata-Kämpfer versuchten von Osten in die Hauptstadt einzudringen, wurden aber von der Miliz Schild von Libyen, die offiziell unter Regierungskontrolle steht, zurückgeschlagen. Die Hauptstraße in die Hauptstadt wurde in der Nacht zum Sonntag geschlossen, wie ein AFP-Reporter berichtete.

© Süddeutsche.de/AFP/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: