Die Menschen kommen jeden Morgen vor das Amt in Berlin-Moabit, in aller Frühe. Einige der Flüchtlinge übernachten in der Umgebung im Freien, zwischen Büschen oder an Hauswänden. "Ich komme seit zehn Tagen", sagt ein junger Mann aus Damaskus und zeigt seine Unterlagen mit dem Datum zu dem er bestellt worden. Zehn Tage Warten im Freien, mit Hunderten anderen, nur damit er registriert werden kann. Es geht sehr langsam voran vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales, LaGeSo genannt, der Erstaufnahmestelle für Berlin, wo allein im letzten Monat rund 12 000 Flüchtlinge ankamen.
Auf dem Gelände vor dem LaGeSo sammeln sich jeden Tag mehr als 2000 Geflüchtete. Fast alle warten geduldig, aber es gibt oft Unruhe und einzelne Handgemenge, das Wachpersonal ist inzwischen verstärkt worden. Ein Sprecher der Caritas, die auf dem Gelände gemeinsam mit einer Moabiter Bürgerinitiative humanitäre Hilfe leistet, nennt die Situation "sehr angespannt". Man sei besorgt, dass die Lage eskalieren könne, sagt er. Die Berliner Caritas-Direktorin Ulrike Koskta sprach gegenüber dem rbb-inforadio von einer sehr schwierigen Lage: "Ich habe Horror vor dem Winter".
Entlastung durch eine neue Aufnahmeeinrichtung
Die Situation vor der Berliner Erstaufnahme wird auch im Senat als schwierig gesehen. Das allerdings war auch schon vor zwei Monaten so. Damals versprachen der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Sozialsenator Mario Czaja (CDU), für Besserung zu sorgen. Tatsächlich verbessert hat sich die Betreuung der Wartenden, die Caritas und die Bürgerinitiative "Moabit hilft", auch viele Ärzte helfen. Es gibt Essen für die Wartenden. Auch müsse niemand im Freien schlafen, wird betont. Am Abend fahren Busse vor, um Wartende in Unterkünfte für die Nacht zu fahren. Aber viele bleiben und übernachten hier, weil sie sich sorgen, am nächsten Tag den Termin zu verpassen.
Auf Wohnungssuche:Vermieter verdienen an Flüchtlingen
Für Asylbewerber ist es nicht leicht, eine Wohnung zu finden. Die Zimmer, die sind bekommen, sind oft winzig - und viel zu teuer.
Das große Problem bleibt, dass die Behörde mit der Bearbeitung nicht nachkommt. Es gebe immer noch viel zu wenig Personal, sagen die Kritiker. Der Andrang sei einfach sehr groß, erklärt eine Sprecherin der Sozialverwaltung. Es sind Stellen für das Amt ausgeschrieben, sie sind aber offenbar schwer zu besetzen. Nach einem Aufruf des Regierenden Bürgermeisters haben sich Mitarbeiter anderer Behörden sowie Pensionäre als Aushilfen gemeldet, 60 arbeiten jetzt am LaGeSo. Laut der Sozialverwaltung sind allein an einem einzigen Tag dieser Woche 400 Flüchtlinge in der Erstaufnahme registriert worden, für 1580 seien neue Wartenummern ausgegeben worden. Eine neue Aufnahmerichtung soll von kommender Woche an Entlastung bringen.
In Flüchtlingsunterkünften in Hamburg und Braunschweig kam es am Dienstag zu größeren Schlägereien. In der Hansestadt gab zwei Auseinandersetzungen, bei denen fünf Menschen leicht verletzt wurden, wie die Polizei mitteilte. In einem völlig überfüllten Erstaufnahmelager in Braunschweig kam es zu einer Schlägerei zwischen 150 Flüchtlingen. Verletzte gab es bei dem Streit zwischen Syrern und Algeriern in einer mit 700 Menschen belegten Turnhalle nach Angaben der Polizei jedoch nicht.