Erneut Dutzende Tote in Syrien:UN-Beobachter machtlos gegen neue Gewalt

Lesezeit: 2 min

In Syrien sind am Mittwoch etwa 100 Menschen getötet worden. Assad-Regierung und Opposition schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Die vereinzelten UN-Beobachter sind hilflos und können in absehbarer Zeit nicht auf Verstärkung hoffen.

Vor zwei Wochen trat in Syrien die zwischen Regierung und Opposition vereinbarte Waffenruhe in Kraft. Davon ist nichts mehr zu spüren. Regimegegner berichteten, am Mittwoch seien landesweit 102 Menschen getötet worden. Allein in der Stadt Hama, wo eine Rakete eingeschlagen sei, wurden demnach 71 Tote gezählt. Auch am Donnerstag sollen weitere Menschen umgekommen sein.

In gepanzerten Fahrzeugen fahren Beobachter der Vereinten Nationen durch Syrien. (Foto: REUTERS)

Syriens Regierung schiebt der Opposition die Schuld für die Gewalt zu: Die staatliche Nachrichtenagentur Sana veröffentlichte Fotos von getöteten und schwer verletzten Kindern, die Opfer einer "terroristischen Bande" geworden seien. Dem Bericht zufolge explodierte in einer Bombenwerkstatt der "Terroristen" in Hama versehentlich ein Sprengsatz, wobei 16 Menschen ums Leben gekommen seien.

Der oppositionelle syrische Nationalrat (SNC) forderte den UN-Sicherheitsrat auf, eine Resolution zum Schutz der Zivilisten zu verabschieden, und kritisierte das "Schweigen" der internationalen Gemeinschaft. Der Rat lehnte die erneute Frist ab, die der Regierung von Präsident Baschar al-Assad eingeräumt worden war. Bisher sei keine Forderung des Friedensplans von Kofi Annan erfüllt worden.

Der Europarat forderte den Sicherheitsrat auf, ein weltweites Waffenembargo gegen Syrien durchzusetzen und die Täter vor den internationalen Strafgerichtshof zu stellen.

Russlands Regierung warf den Aufständischen hingegen vor, eine "Terrorkampagne" gegen die Zivilbevölkerung zu führen. Oppositionsgruppen würden in der Region darauf abzielen, "so viele Zivilisten wie möglich zu töten", sagte Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch. Dieses Vorgehen erinnere an das Terrornetzwerk al-Qaida.

Frankreichs Außenminister Alain Juppé sagte bei einem Treffen mit syrischen Oppositionellen, sollte die UN-Beaobachtermission keinen Erfolg haben, müssten "andere Schritte" folgen. Denkbar sei eine Resolution, die auch einen Militäreinsatz ermöglichen könnte.

Neue Beobachter treffen in einem Monat ein

Die Mission der unbewaffneten UN-Militärbeobachter erscheint angesichts der neuen Gewalt wirkungslos. Ihr Einsatz ist zudem riskant, da in dem Konflikt auch schwere Waffen eingesetzt werden.

Am Dienstag war in der Ortschaft Duma bei Damaskus ein Helfer in einem Fahrzeug des syrischen Roten Halbmondes getötet worden. Die UN-Beobachter benutzen gepanzerte Fahrzeuge, deren Transport nach Syrien mit großem Aufwand verbunden ist.

Zudem verzögert sich die Einreise weiterer Experten. Von den angekündigten 300 sind bisher erst 15 im Land. Die nächsten 100 würden erst in einem Monat eintreffen, berichteten Diplomaten in New York. Dies liegt an bürokratischen Hürden, logistischen Problemen und politischen Schwierigkeiten in der Abstimmung mit dem Regime von Assad.

Erdogan erwähnt möglichen Nato-Einsatz

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan warnte die syrische Regierung vor erneuten Grenzverletzungen. Die Türkei verfüge über eine starke Armee, sagte Erdogan einer Meldung der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge. Erdogan sprach erneut über ein mögliches Eingreifen der Nato. Sollte es weitere Grenzverletzungen geben, "werden wir als Nato-Land die notwendigen Schritte unternehmen". Er verwies ausdrücklich auf den sogenannten Bündnisfall.

Am Ostermontag hatten syrische Regierungstruppen über die Grenze hinweg auf syrische Flüchtlinge in der Türkei geschossen und dabei mehrere Menschen getötet und verletzt. Der türkische Ministerpräsident forderte, die Stärke der UN-Beobachtermission in Syrien müsse weit über die bisher angepeilten 250 bis 300 Teilnehmer hinaus erhöht werden. Möglicherweise seien bis zu 3000 Beobachter nötig, sagte er.

© dpa/AFP/dapd/mane - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: