Ermittlungen:Der Staatsanwalt beeilt sich

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Festgenommen: der Mann, der es für einen Triumph hielt, Nancy Pelosis Büro besetzt zu haben. (Foto: Saul Loeb/AFP)

Die Aufrührer sind wieder daheim, da nehmen die Ermittler viele von ihnen fest. Die Behörden haben einen Grund für ihr Tempo.

Von Christian Zaschke, New York

Adam J. dürfte das Lachen vergangen sein. Auf einem der Fotos vom Sturm auf das Kapitol ist er zu sehen, wie er mit breitem Grinsen das Rednerpult von Nancy Pelosi davonträgt, der Sprecherin des Repräsentantenhauses. Ein anderes Foto hat er selbst auf sozialen Medien verbreitet. Er zeigt ihn neben einem Schild, auf dem steht, dass das Kongressgebäude für Touren gesperrt sei. Dazu schrieb er: "Nein."

J. ist in seinem Heimatstaat Florida festgenommen worden. Durch das reichlich vorliegende Bildmaterial war es für die Behörden nicht sonderlich schwierig, ihn zu identifizieren. In diesem wie in vielen anderen Fällen konnten sie dabei auf die Hilfe der Bevölkerung zählen. Allan Mestel, ein Fotograf aus Florida, erzählte der Washington Post, er habe J. als Freund eines Nachbarn erkannt und die Polizei informiert.

Diese zögerte nicht lange und setzte J. fest. Er wird unter anderem wegen Hausfriedensbruchs und Diebstahls angeklagt. Das Rednerpult, dessen Wert auf 1000 Dollar beziffert wurde, fand sich später in einem anderen Flügel des Kongressgebäudes.

Der Mann, der an sich an Pelosis Schreibtisch fläzte

Richard B. aus Arkansas wurde ebenfalls festgenommen. Er ist der Mann, der sich an Pelosis Schreibtisch fotografieren ließ, die Füße auf dem Tisch. Er soll an diesem Dienstag in Arkansas vor Gericht erscheinen und anschließend nach Washington überstellt werden.

Und auch Jacob Anthony C. aus Arizona droht eine Gefängnisstrafe. Er fiel während der Randale unter anderem auf, weil er eine Fellmütze mit Hörnern trug, zudem einen zwei Meter langen Speer, an dem er eine amerikanische Fahne befestigt hatte. C. ist bekannt als Anhänger des Verschwörungskults QAnon, dessen Mitglieder unter anderem glauben, dass der noch amtierende Präsident Donald Trump gegen eine Allianz aus Demokraten und Hollywood-Größen kämpfe, die einen Kindersexring betrieben.

Mindestens 82 Festnahmen, 17 000 Hinweise

Diese drei Männer gehören zu denen, deren Bilder um die Welt gingen, es war einfach, sie zu finden. Die Behörden machen sich nun allerdings daran, auch sämtliche andere Personen ausfindig zu machen, die am vergangenen Mittwoch ins Kapitol eingedrungen sind. Der Washingtoner Staatsanwalt Michael Sherwin, der die Ermittlungen leitet, sagte: "Mein Büro arbeitet gemeinsam mit den Behörden auf allen Ebenen daran, schnellstens sämtliche Personen zu identifizieren, festzunehmen und anzuklagen, die sich an den dreisten, kriminellen Aktionen im Kapitol beteiligt haben."

Bisher sind mindestens 82 Personen festgenommen worden. Sherwins Büro teilt mit, dass bereits 17 000 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen seien. Das FBI hat Fotografien von Beteiligten veröffentlicht und um Hilfe bei der Identifizierung gebeten. Auf sozialen Medien werten Heerscharen von Nutzern die Bilder aus. Da das Kongressgebäude voller Überwachungskameras hängt, dürften schließlich wohl alle an den Krawallen beteiligten Personen identifiziert werden.

Einer drohte mit einem Attentat auf Pelosi

Bereits am Donnerstag wurde zudem ein Mann angeklagt, der gedroht hatte, Nancy Pelosi zu erschießen. Cleveland M. aus Colorado war einen Tag nach den Krawallen in Washington angekommen. Einem Freund schrieb er, er wolle mal bei einer Rede Pelosis vorbeischauen und ihr vor laufenden Kameras eine Kugel verpassen. Zwar hielt er sich laut Polizeiangaben zu keinem Zeitpunkt in der Nähe Pelosis auf, er hatte jedoch eine Pistole und ein Sturmgewehr mit nach Washington gebracht.

Den meisten Festgenommenen drohen vergleichsweise geringe Strafen wegen Hausfriedensbruchs. Anders sieht die Sache für diejenigen aus, die Gegenstände gestohlen oder zerstört haben. Dafür stehen bis zu zehn Jahre Haft im Raum. Zudem haben die Behörden eine Mordermittlung im Fall von Brian Sicknick eingeleitet - der Polizist war von Randalierern mit einem Feuerlöscher geschlagen worden und erlag seinen Verletzungen. Ebenfalls ermittelt, allerdings nicht wegen Mordes, wird im Fall von Ashli Babbitt. Sie war im Zuge der Randale von einem Polizisten angeschossen worden und später im Rettungswagen gestorben.

Dass die Behörden in Bezug auf Festnahmen und Anklagen jetzt möglichst rasch vorgehen, liegt auch daran, dass sie eine abschreckende Wirkung erzielen wollen. In verschiedenen Internet-Foren planen Trump-Anhänger bereits neue Märsche auf die Hauptstadt. Derzeit ist vom 17. Januar und vom 20. Januar die Rede, dem Tag also, an dem Joe Biden als 46. Präsident der USA vereidigt werden soll.

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