Kieler Oberbürgermeisterin Gaschke:Schuldenerlass für Augenarzt war rechtswidrig

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Kiels Oberbürgermeisterin Gaschke steht in der Kritik. (Foto: Carsten Rehder/dpa)

Mehr als drei Millionen Euro hat Kiels Oberbürgermeisterin Gaschke einem Augenarzt erlassen - per Eilentscheidung. Das war rechtswidrig, sagen Kommunalprüfer. Während sich die Sozialdemokratin verteidigt, fordern Gegner bereits ihren Rücktritt.

Per Eilentscheidung hat die Kieler Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke Ende Juni einem Mediziner Zinsen und Säumniszuschläge in Höhe von 3,7 Millionen Euro erlassen - und steht seitdem unter Druck.

Diese Eilentscheidung war rechtswidrig, hat nun die Kommunalaufsicht des Innenministeriums befunden. Die Disziplinaraufsicht sei eingeschaltet worden und müsse nun prüfen, ob ein Disziplinarverfahren gegen die Oberbürgermeiesterin eingeleitet werden muss.

Gaschke hatte ihre Entscheidung mit der wirtschaftlichen Situation des Schuldners begründet. Der Arzt stottert bereits seit Jahren Gewerbesteuern in Höhe von 4,1 Millionen Euro ab.

Die Oberbürgermeisterin sagte zum Ergebnis der Prüfung: "Es ist erstaunlich, dass das Verfahren der Kommunalaufsicht in dieser Weise zergliedert wird. Andererseits wundert es mich auch wieder nicht, da der Ministerpräsident (Torsten Albig, SPD) persönlich schon vor zwei Wochen in dieses Verfahren eingegriffen hat. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es hier um die Sache oder um alte Rechnungen und Intrigen geht."

Ministerpräsident Torsten Albig wehrt sich gegen Gaschkes Vorwürfe: "Ich habe mich als Ministerpräsident in diese Sache zu keinem Zeitpunkt eingeschaltet". Er behalte sich juristische Schritte gegen diese "unglaubliche Verdächtigung" vor.

Er habe lediglich versucht, Gaschke am 17. September in einer vertraulichen SMS einen Rat zu erteilen, wie man mit solch einer Krise in der Öffentlichkeit umgehe. Dabei habe es sich um einen privaten, freundschaftlichen Rat gehandelt.

"Meine Einschätzung, dass die Kriterien, die an eine Eilentscheidung gebunden sind, möglicherweise nicht erfüllt worden sind, habe ich schlicht und ausschließlich aus meinen juristischen Kenntnissen und der Tatsache abgeleitet, dass ich als OB selbst mit diesem Fall befasst war", so Albig.

"Ganz offensichtlich ihren Kompetenzbereich überschätzt"

Gaschke hatte ihre umstrittene Entscheidung in der vergangenen Woche in einer Aktuellen Stunde in der Ratsversammlung erneut verteidigt. Es gehe nicht um einen anrüchigen Vorgang, sondern um einen komplizierten 15 Jahre alten Fall. Falls die Kommunalaufsicht zu dem Schluss käme, sie habe einen Fehler begangen, werde sie sich entschuldigen, sagte Gaschke. Dann wäre es ein Fehler, "der nicht aus böser, anmaßender Absicht, sondern zum Wohle der Stadt geschehen wäre".

Die ehemalige Redakteurin der Zeit wurde 2012 zur Oberbürgermeisterin Kiels gewählt. Nachdem ihre Entscheidung bekannt wurde, hatten CDU und FDP im Kieler Rat ihr Vorgehen scharf kritisiert. Ende August bat die Verwaltungschefin die Kommunalaufsicht um Prüfung des Sachverhalts.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Heiner Garg, forderte Gaschke am Freitag unterdessen bereits zum Rücktritt auf. Gaschke habe "ganz offensichtlich ihren Kompetenzbereich überschätzt". Der Fall müsse ohne Rücksicht auf etwaige Befindlichkeiten aufgeklärt werden.

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