Energiepolitik:Ampel-Koalition will doppelt so viel Ökostrom

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Um die Genehmigung neuer Windräder zu vereinfachen, sollen erneuerbare Energien künftig im "überragenden öffentlichen Interesse" liegen. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Kabinett verabschiedet ein Gesetzespaket, mit dem der Umstieg auf erneuerbare Energien deutlich beschleunigt werden soll.

Von Michael Bauchmüller und Stefan Braun, Berlin

Deutschland soll binnen acht Jahren den Anteil des Ökostroms nahezu verdoppeln. Das geht aus einem Gesetzespaket hervor, das am Mittwoch das Kabinett passiert hat. Demnach soll bis 2030 der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Strommix von derzeit gut 42 auf 80 Prozent wachsen - und das bei einer insgesamt wachsenden Stromnachfrage. Es handle sich "um eines der größten energiepolitischen Gesetzespakete der letzten Jahrzehnte", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

So sollen jährlich deutlich mehr neue Windräder und Photovoltaikanlagen installiert werden als bisher. Die Windkraft an Land soll sich verdoppeln, die Leistung der Sonnenenergie sich vervierfachen. Letzteres gilt auch für Windräder zur See. Um die Genehmigung neuer Anlagen zu beschleunigen, sollen erneuerbare Energien künftig im "überragenden öffentlichen Interesse" liegen. Damit genießen sie bei der behördlichen Abwägung verschiedener Schutzgüter Vorrang - und das so lange, bis das Ziel der Klimaneutralität erreicht ist. Beim Strom, so sieht es das Gesetzespaket vor, soll dieses Ziel schon 2035 erreicht sein.

Dabei helfen sollen auch mehr Projekte von Privatleuten. Für sie wird es lukrativer, sich Solarzellen aufs Dach zu bauen. Auch kleinere Windparks, die Bürger gemeinsam stemmen, sollen es künftig leichter haben. Der Ausbau der Stromnetze, der für all das nötig ist, soll noch einmal beschleunigt werden. Das Paket, sagte Habeck, sei "auch als Antwort darauf zu lesen, was die sicherheitspolitischen Interessen der deutschen Politik" seien - nämlich mehr Unabhängigkeit zunächst von fossilen Energieimporten aus Russland, später aus aller Welt.

Umweltschützer mahnten Nachbesserungen an, lobten aber die Richtung. "Dies ist ein echter Fortschritt nach Jahren der Lethargie bei der Energiewende", sagte Viviane Raddatz, Energieexpertin der Umweltstiftung WWF. So dürfe der Ausbau der Windkraft an Land und zur See nicht auf Kosten des Naturschutzes gehen. Auch seien Mindestabstände zwischen Windrädern und Wohnhäusern, wie sie etwa in Bayern gelten, mit den höheren Zielen nicht vereinbar. Das sieht das Wirtschaftsministerium ähnlich. Diese Frage werde nun aber erst geklärt. Ohnehin steht nach dem Osterpaket auch noch ein "Sommerpaket" an, das neben Fragen des Naturschutzes und der nötigen Windkraftflächen auch die künftigen Regeln rund um die Energieeffizienz klären soll.

Zunächst einmal muss die Ampelkoalition nun über das Osterpaket einig werden. Um es möglichst schnell durchs Kabinett zu bugsieren, wurden Streitfragen auf das parlamentarische Verfahren verschoben, das sich nun anschließt. Während aus der SPD-Fraktion Zustimmung zu den Grundzügen des Pakets kam, meldete die FDP Vorbehalte an. "Der heute beschlossene Entwurf ist noch weit davon entfernt, im Bundestag eine Mehrheit zu finden", sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler. Man wolle keine Festlegungen treffen, die über den Koalitionsvertrag hinausgingen.

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