Empfang in Berlin:"Ein fruchtbares Gespräch"

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Nach ihrem umstrittenen Treffen mit dem Dalai Lama zieht die SPD-Ministerin Wieczorek-Zeul ein äußerst positives Fazit - und wehrt sich einmal mehr gegen Kritik von Parteikollegen. Das Auswärtige Amt bemüht sich unterdessen, die Wogen zu glätten.

Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat ihr umstrittenes Treffen mit dem Dalai Lama am Montag in Berlin als "sehr gutes" und "fruchtbares Gespräch" bewertet.

"Ein sehr fruchtbares Gespräch" - der Dalai Lama ist mit Bundesentwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul zusammengetroffen. (Foto: Foto: ddp)

"Wir haben selbstverständlich in diesem Zusammenhang auch die Notwendigkeit der kulturellen Autonomie diskutiert und auch über den Dialog zwischen der chinesischen Staatsführung und der Vertretung des Dalai Lama", sagte Wieczorek-Zeul. "Die Position der Bundesregierung ist in diesen Fragen ja klar und deutlich und die habe ich auch so vertreten."

Wieczorek-Zeul bekräftigte, es sei nicht absehbar, wann die deutsch-chinesischen Regierungsverhandlungen wieder aufgenommen werden könnten, die die Bundesregierung im März auf dem Höhepunkt der Gewalt in Tibet ausgesetzt hatte. "Die Frage, wann sie wieder eröffnet werden können, ist zum derzeitigen Zeitpunkt absolut unklar", betonte die Ministerin. "Ich habe gesagt: Solange die Gewalt dort anhält."

Die Bundesregierung erwartet jedoch nach Worten von Vize-Regierungssprecher Thomas Steg wegen des Treffens Wieczorek-Zeuls mit dem Dalai Lama keine neue diplomatische Verstimmung mit China. Er gehe davon aus, dass der auch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geförderte Dialog zwischen China und Vertretern des Dalai Lama nicht beeinträchtigt werde, sagte Steg in Berlin.

Der Sprecher von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, über die Tibet-Politik der Bundesregierung gebe es im Kern keine Differenzen. "Wir alle arbeiten sehr engagiert dafür, dass es kulturelle Autonomie in Tibet gibt und die Lebensbedingungen der Menschen dort angemessen sind." Das Auswärtige Amt hoffe auf weitere Gespräche zwischen Tibetern und Chinesen. Deutschland setze auf eine gute Lösung für beide Seiten, die nicht die territoriale Integrität Chinas in Frage stelle. Davor hatte Steinmeiers Sprecher Martin Jäger erklärt, wer die Lage der Tibeter verbessern wolle, müsse mit der chinesischen Führung sprechen.

"Gedanken von Frieden und Gerechtigkeit"

Wieczorek-Zeul hob nach dem Treffen die Bedeutung des friedlichen Dialogs für das Zusammenleben in der Welt hervor. "Die Welt braucht Persönlichkeiten, die den Gedanken von Frieden und Gerechtigkeit verkörpern und auch dafür einstehen", betonte sie. Das Gespräch mit dem Dalai Lama habe sich auch um Menschenrechte, den Kampf gegen die Armut und um eine gerechte Gestaltung der Globalisierung gedreht.

Das 45-minütige Treffen war der einzige Termin des Dalai Lama mit einem Regierungsvertreter. Außenminister Steinmeier hatte sich nicht mit dem im indischen Exil lebenden geistlichen Oberhaupt der Tibeter getroffen und dies mit Terminproblemen begründet.

Intern soll er aber erklärt haben, konkrete Erfolge bei der Annäherung zwischen China und dem Dalai Lama müssten behutsam aufgebaut werden und dürften nicht "durch unbedachte Aktionen" gefährdet werden.

Steinmeier und SPD-Parteichef Kurt Beck hatten das Treffen der Ministerin mit dem Dalai Lama kritisiert, weil Wieczorek-Zeul ihr Vorgehen nicht abgesprochen habe. Beck hatte Medienberichten zufolge erklärt, als er von dem Termin erfahren habe, sei "der Scheiß" nicht mehr rückgängig zu machen gewesen.

Wieczorek-Zeul sagte dazu: "Es hat danach ein Gespräch mit Kurt Beck gegeben." Über den Inhalt wollte Wieczorek-Zeul nichts sagen: "Ich bitte um Verständnis, dass ich solche Gespräche nicht über die Medien führe, sondern direkt."

"Bewusst parteipolitische Überlegungen zurückgewiesen"

Sie verteidigte das Gespräch mit dem Dalai Lama am Montag erneut gegen die Kritik aus den Reihen ihrer Partei: "Ich finde, das wird weder den Menschen in der betroffenen Region gerecht noch der Persönlichkeit des Dalai Lama. Deshalb habe ich auch bewusst ebensolche parteipolitischen Überlegungen zurückgewiesen."

Das Treffen war nach ihren Angaben nicht privater Natur, wie es zuvor der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Walter Kolbow, im ZDF gesagt hatte. Sie habe den Dalai Lama als Vertreterin der Bundesregierung getroffen, sagte die Ministerin.

Aus den Reihen von Union und FDP erhielt Wieczorek-Zeul hingegen Lob, unter anderem von den Vorsitzenden des Tibet-Gesprächskreises im Bundestag, Harald Leibrecht (FDP) und Holger Haibach (CDU). Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Rupert Polenz (CDU), verteidigte auch das heftig kritisierte Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Dalai Lama, das vergangenes Jahr ebenfalls für heftige Verstimmung Chinas gesorgt hatte. Er sagte im NDR, es habe dazu beigetragen, dass es jetzt offiziell Gespräche zwischen China und dem Gesandten des Dalai Lama gebe.

Der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich sagte dagegen, China werde für die Lösung internationaler Probleme gebraucht. Er nannte im RBB-Inforadio den Klimawandel und den Umgang mit Iran in der Atomfrage.

Wowereit würdigt Wirken des Dalai Lama

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), hat unterdessen ebenfalls das Wirken des Dalai Lama gewürdigt und sich solidarisch mit den Zielen des religiösen Oberhaupts der Tibeter gezeigt.

"Der Senat von Berlin und auch ich persönlich unterstützen das Bestreben des Dalai Lama nach größtmöglicher kultureller und religiöser Autonomie der Tibeter, und ich begrüße nachdrücklich die Aufnahme von Gesprächen zwischen den Vertretern des Dalai Lama und der chinesischen Staatsführung", erklärte der SPD-Politiker in einem Grußwort anlässlich der Solidaritätskundgebung am Montagnachmittag im Stadtzentrum.

Große Abschlussveranstaltung am Brandenburger Tor

Weiter erklärte Wowereit, es gebe keine Alternative zum friedlichen Dialog. "Die Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Der Dalai Lama steht mit seiner Person für den gewaltfreien Weg hin zu diesem Ziel." Seine Beharrlichkeit wie sein Charisma hätten ihn zum Anwalt derer werden lassen, deren Wünsche und Träume sich in den Begriffen Gerechtigkeit und Frieden zusammenfassen lassen.

Zum Abschluss seines Deutschlandbesuchs will der Dalai Lama gegen 17 Uhr in Berlin eine Rede halten. Der Veranstalter, die Deutschland Initiative Tibet, erwartet etwa 15.000 Menschen vor dem Brandenburger Tor. Der CDU-Politiker Heiner Geißler soll ebenfalls eine Ansprache halten. Grußbotschaften werden von den Schauspielerinnen Hannelore Elsner und Katja Riemann sowie Regisseur Christoph Schlingensief vorgetragen. Daneben sind Auftritte der Bands Wir sind Helden und 2Raumwohnung sowie des Hip-Hop-Sängers Ray Horton geplant. Angekündigt ist auch die tibetische Künstlerin Ani Choying.

© dpa/AP/ihe/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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