Einbürgerungstest:33 Mal Deutschland

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Wer Deutscher werden will, muss bald viele Fragen beantworten - zum politischen System und vielleicht auch zum Alltagsleben. Politologen-Niveau wird nicht erwartet.

Roland Preuß

Die meisten Briten mögen es nicht, wenn jemand ihre Queen in den Schmutz zieht. Das sollen Zuwanderer nach Überzeugung der Regierung in London ruhig wissen, wenn sie Bürger des Vereinigten Königreiches werden wollen.

Wer die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen und einen deutschen Pass erhalten will, muss künftig mehrere Fragen beantworten. (Foto: Foto: ddp)

In seinem Einbürgerungstest fragt das britische Innenministerium deshalb, ob die Mehrheit im Land die Königin für "unbeliebt und unwichtig" hält. Wer sich hier durch den Spott der Boulevardpresse fürs Königshaus beirren lässt, kriegt Punktabzug. 24 Fragen gibt es, wer wenigstens drei Viertel davon richtig beantwortet, darf Neubrite werden.

Was auf der Insel seit Jahren üblich ist, wird vom 1. September an auch in Deutschland kommen: der bundesweite Einbürgerungstest. Er soll sich vor allem am britischen Beispiel orientieren.

Noch stehen die Fragen nicht fest, doch die Art des Tests ist weitgehend klar. Wie die Süddeutsche Zeitung aus Länderkreisen erfuhr, sollen die Bewerber in einer Stunde 33 Fragen beantworten, mehr als die Hälfte muss richtig sein.

Vom VHS-Kurs zum deutschen Pass

Die Prozedur wird einer Führerscheinprüfung gleichen: Geplant ist ein Pool von 300 Fragen, der ins Internet gestellt wird. Daraus werden die 33 Fragen per Zufallsgenerator ausgewählt. Vier Antworten werden angeboten, nur eine ist richtig. Wer sich für den deutschen Pass bewirbt, soll vor allem Kenntnisse in Politik und Geschichte haben.

Politologen-Niveau wird nicht erwartet. "Wer bestimmt die Regierung in Deutschland?" - lautet eine der mögliche Fragen. Die Antworten: "Das Militär, die Unternehmen, der Wähler oder die Medien?"

Allein im Jahr 2006 wurden fast 125.000 Zuwanderer in Deutschland eingebürgert, seit dem Jahr 2000 waren es mehr als eine Million. Den Interessenten sollen die Volkshochschulen (VHS) einen 60-stündigen Einbürgerungskurs anbieten - und da beginnen die Probleme.

Denn die Volkshochschulen werden frühestens Ende Juni die Testfragen erhalten, die sie zur Vorbereitung brauchen. Die Lehrer müssten aber erst geschult werden, heißt es beim VHS-Bundesverband.

In Nordrhein-Westfalen, dem Land mit den meisten Einbürgerungen, beginnen Ende Juni die Sommerferien, dann sind viele Lehrer erst mal weg. "So können wir am 1. September nicht mit den Kursen anfangen", sagt der Vorsitzende des VHS-Landesverbands, Reiner Hammelrath.

Bier spendieren

Auch in Bayern macht man sich Sorgen. "Die Einbürgerungskurse müssen jetzt von den Volkshochschulen organisiert werden", drängt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Aus dem zuständigen Bundesinnenministerium heißt es, das Problem sei bekannt, man gehe davon aus, dass alles funktionieren werde. Wie, bleibt aber offen.

Nach der heftigen Kritik am Gesinnungstest in Baden-Württemberg ("Wie stehen Sie zu Ehrenmorden?") will das Innenministerium die Prüfung nun besonders gründlich vorbereiten. Das kostet Zeit. Gesinnungsfragen werde es jedenfalls nicht geben, heißt es.

Zudem drängen Länder wie Bayern noch auf eigene Fragen. Gut möglich, dass in Hessen zusätzlich ergründet wird, was eine Minderheitsregierung ist, oder in Bayern, ob die Monarchie tatsächlich abgeschafft wurde. Doch auch praktische Fragen sollen eine Rolle spielen, etwa: "Wo müssen Sie Ihr Kind zur Schule anmelden?"

Auch bei diesen Alltagsfragen könnten die Briten als Vorbild dienen. Ihre Einbürgerungsfibel rät jedem, der im Pub das Bier eines Fremden verschüttet, ihm ein neues zu spendieren. Das dürfte manchem Neubürger schon eine Schlägerei erspart haben.

© SZ vom 26.5.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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