Ecuador:"Es werden Wunder zu Tage treten"

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Präsident Correa verlangt die Veröffentlichung aller Panama Papers - nun taucht er selber dort auf.

Von Sebastian Schoepp, München

Ecuadors Präsident Rafael Correa hat bisher stets betont, er habe gar nichts gegen die Enthüllungen der Panama Papers, sie gingen ihm nur nicht weit genug: Correa forderte daher forsch, das komplette Datenpaket offenzulegen, nicht nur eine Auswahl der 11,5 Millionen Dokumente, wie es die SZ und die an der Recherche teilnehmenden Medien bislang getan haben. "Da werden Wunder zutage treten", twitterte Correa und verbreitete zugleich, seine Regierung sei sauber. Möglich, dass er sich nun selber wundert, denn Correas Name taucht in den Daten auf.

Ein Rechercheteam der US-amerikanischen Zeitungsgruppe McClatchy, zu der unter anderem der Charlotte Observer und der Miami Herald gehören, stieß auf eine E-Mail der Kanzlei Mossack Fonseca, in der Ecuadors Präsident vorkommt: Eine Anwältin von Mossfon schrieb im Mai 2012 an eine Kanzlei in der ecuadorianischen Stadt Guayaquil und unterrichtete diese von Untersuchungen panamaischer Korruptionsermittler, in denen von Rafael Correa und seinem Bruder Fabricio die Rede sei. Dabei gehe es um Veruntreuung zulasten des ecuadorianischen Staates. Diese Untersuchungen drehten sich laut der E-Mail um eine panamaische Firma namens Orlion Group S.A., die 2006 an die Kanzlei in Guayaquil verkauft worden sei. Die panamaischen Ermittlungsbehörden hätten nun Auskunft über die Eigentümer der Orlion Group verlangt. Die Frage, die dahinter stand: könnte Correa damit zu tun haben?

Deshalb, schrieb die Mossfon-Anwältin an die Kanzlei in Guayaquil, bitte sie um entsprechende Informationen. Sie erhielt jedoch keine Antwort. Da das nicht der erste gescheiterte Versuch von Mossack Fonseca war, Auskunft über Orlion zu erhalten, empfahl die Compliance-Beauftragte wenige Tage später, man solle die Geschäftsbeziehungen beenden - was kurz darauf tatsächlich geschah. Eine Compliance-Beauftragte ist in einem Unternehmen dafür zuständig, die Einhaltung gesetzlicher Normen und Regeln zu überwachen.

Worin es bei den panamaischen Ermittlungen im Zusammenhang mit Orlion genau ging, wird aus der Mail nicht deutlich. Mitarbeiter von Mossack Fonseca schrieben in anderen E-Mails, sie hätten keine Verbindung zwischen Orlion und den Correas feststellen können. Auf eine Anfrage der McClatchy-Zeitungsgruppe hin teilte die panamaische Antikorruptions-Einheit nun mit, dass es unter der vorherigen Regierung in der Tat Ermittlungen in Sachen Orlion gegeben habe und dass es um Unterschlagung gegangen sei. 2014 jedoch gab es einen Regierungswechsel in Panama, das scheint die Ermittlungen in Sachen Orlion zumindest unterbrochen zu haben.

Ein Berater des seit 2007 amtierenden ecuadorianischen Präsidenten teilte auf Anfrage des Rechercheteams mit, Rafael Correa habe keinerlei Beziehungen zu Offshore-Firmen, weder direkte noch indirekte. Fabricio Correa, der Bruder des Präsidenten, antwortete auf eine Anfrage mit den Worten, alle Korruptionsvorwürfe gegen ihn hätten sich in der Vergangenheit als gegenstandslos erwiesen.

Das Verhältnis der Correa-Brüder ist nicht das beste. Fabricio Correa ist Geschäftsmann, er soll sich nach dem Wahlsieg seines Bruders ohne dessen Wissen um Staatsaufträge bemüht haben. Daraufhin kam es zum Zerwürfnis, das darin gipfelte, dass Fabricio Correa 2013 gegen seinen eigenen Bruder als Präsidentschaftskandidat antreten wollte. Jedoch bekam er nicht die erforderliche Anzahl von Unterschriften zusammen.

Derzeit hat Rafael Correa jedoch andere Sorgen als die Manöver seines Bruders. Seit dem Erdbeben mit mehr als 650 Toten ist der Präsident unaufhörlich im Land unterwegs und plant Wiederaufbauarbeiten - die mit Steuererhöhungen finanziert werden sollen. Dafür will der eher linke Präsident vor allem die Reichen des Landes zur Kassen bitten.

Vor dem Beben hatten die Zeitungen El Universo und El Comercio über die Panama Papers berichtet und drei prominente Ecuadorianer als Inhaber von Offshore-Firmen genannt: Generalstaatsanwalt Galo Chiriboga, den früheren Zentralbankchef Pedro Delgado, der ein Verwandter des Präsidenten ist, und Javier Molina, Ex-Geheimdienstler. Präsident Correa hatte dabei erzürnt, dass die Zeitungen sich auf Personen eingeschossen hätten, die der Regierung nahestehen. Dieser Zorn steckt letztlich hinter seiner Forderung, alle Namen in den Panama Papers offenzulegen.

Correa liegt in Dauerfehde mit den Traditionsblättern des Landes. Diese gehören reichen Geschäftsleuten und Correa-Gegnern, die seine Regierung gewöhnlich hart angreifen. Der Präsident schießt auf seine Weise zurück. Kürzlich veröffentlichte er die Namen der an den Recherchen beteiligten Journalisten - wohl, um diese der Kritik in sozialen Netzwerken auszusetzen und zur Freigabe der Panama Papers zu nötigen.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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