DSGVO:Verwirrend, aber erfolgreich

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Aus Furcht vor den Folgen einer umstrittenen EU-Verordnung haben manche Websites und Foren ihren Betrieb eingestellt. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz hält das für unbegründet.

Von Julian Erbersdobler, Berlin

An der Tatsache, dass Ulrich Kelber (SPD) den diesjährigen Datenschutzbericht am Mittwoch in der Bundespressekonferenz vorgestellt hat, ist zweierlei bemerkenswert. Erstens ist Kelber erst seit vier Monaten im Amt als Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit. Er stellte demnach einen Bericht vor, dessen Inhalt er eigentlich kaum zu verantworten hat. Und zweitens geht es in den 145 Seiten auch um eine erste Bilanz der umstrittenen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Die fällt nach Kelber positiv aus. "Mit der DSGVO gilt erstmals ein in der gesamten EU unmittelbar anwendbares Datenschutzrecht", sagte er. Schon jetzt zeige sich, dass dieses Recht weit über Europa hinaus zu einem Standard werde, an dem sich Staaten und Regionen in Asien, Nord- und Südamerika orientieren. Zur Erinnerung: Die Datenschutzgrundverordnung der EU gilt seit dem 25. Mai 2018 auch in Deutschland. Eines der Ziele war, dass jeder das Recht darauf hat zu erfahren, was über ihn gespeichert wird. Sie sorgte aber auch für Verwirrung und Verunsicherung.

Die Skepsis der Deutschen gegenüber der DSGVO ist immer noch groß

Das spürte auch Kelbers Stelle. Seit dem 25. Mai 2018 kamen dort 6507 allgemeine Anfragen an, dazu 3108 Beschwerden. Das sind innerhalb von gut sieben Monaten mehr als doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2017. Kelber drückt es so aus: Die umfangreiche öffentliche Debatte über das neue Datenschutzrecht habe sich "erwartungsgemäß" ausgewirkt. "Natürlich ist nicht alles perfekt in der DSGVO", sagte er. Nachbesserungsbedarf gebe es unter anderem bei den Informations- und Dokumentationspflichten, die Privatpersonen, Vereine und kleine Unternehmen übermäßig belasten würden. Als Beispiel nannte Kelber Foren oder Websites, die von den Betreibern vorsichtshalber eingestellt wurden. Aus Angst, den neuen Bestimmungen nicht gerecht zu werden. Viele hätten die Flinte aber zu früh ins Korn geworfen, betonte der SPD-Politiker. "Wir wollen einfache Hilfestellung geben, dass auch solche Angebote weiter bestehen bleiben." Dass die Skepsis in der deutschen Bevölkerung noch groß ist, zeigen Daten des Meinungsforschungsinstituts Yougov vom Februar. Demnach war fast jeder Dritte der Ansicht, dass die DSGVO die Benutzerfreundlichkeit des Internets verschlechtert hat.

Neben der neuen Datenschutzverordnung äußerte sich Ulrich Kelber auch zu den Befugnissen von Sicherheitsbehörden. "Bevor weitergehende Möglichkeiten für Grundrechtseingriffe geschaffen werden, sollten die Sicherheitsbehörden besser erst einmal bereits bestehende Kompetenzen komplett ausschöpfen." Als mahnendes Beispiel nannte der Bundesbeauftragte das Pilotprojekt am Berliner Bahnhof Südkreuz. Dort kamen spezielle Kameras zum Einsatz. Rund 300 Testpersonen hatten sich freiwillig zur Verfügung gestellt und ihre Gesichter einscannen lassen. Verschiedene Computerprogramme sollten dann die Personen beim Vorbeigehen wiedererkennen. "Nach dem Testbetrieb habe ich Zweifel, ob das Sinn macht", sagte Kelber. Die Fehlerquote der Software sei zu hoch.

© SZ vom 09.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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