Diskussion um Beitritt:Barroso will alle Balkan-Staaten in die EU aufnehmen

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José Manuel Barroso setzt sich für den EU-Beitritt der Balkanländer ein. (Foto: dpa)

EU-Kommissionspräsident Barroso hat sich dafür ausgesprochen, langfristig alle Staaten auf dem Balkan in die Europäische Union aufzunehmen. Man dürfe nicht vergessen, dass viele dieser Länder sich vor wenigen Jahren noch bekriegt hätten - ein EU-Beitritt trage dazu bei, die Region zu befrieden.

Er ist sich sicher: "Langfristig werden wir die Balkan-Länder aufnehmen, wenn sie die Voraussetzungen und Kriterien erfüllen", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso der Bild-Zeitung und sprach sich für die Aufnahme aller Balkan-Staaten in die EU aus.

Es dürfe nicht vergessen werden, dass viele der Balkan-Länder noch vor wenigen Jahren Krieg gegeneinander geführt hätten. "Der EU-Betritt gibt ihnen eine Perspektive und ist ein wichtiger Hebel zu Befriedung der Region."

Auch der Türkei müssten die Türen für einen EU-Beitritt offenstehen, sagte Barroso. Sie sei "ein großes, wirtschaftlich und geopolitisch wichtiges Land", dessen Reformprozess im EU-Interesse sei. Allerdings sei klar, dass eine Aufnahme nur dann möglich sei, "wenn die Türkei alle Voraussetzungen erfüllt". "Letzten Endes müssen alle Mitgliedstaaten zustimmen. Das wird wohl noch einige Zeit dauern."

Die EU-Staaten hatten am Dienstag erstmals seit drei Jahren für die Eröffnung eines weiteren Kapitels in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gestimmt. Die 2005 begonnenen Gespräche verlaufen schleppend, zuletzt hatte es wegen der massiven Polizeigewalt gegen Demonstranten im Istanbuler Gezi-Park Skepsis gegeben, ob die Türkei die EU-Standards erfüllen kann. In der Vergangenheit zeigte sich Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zudem sehr selbstbewusst, setzte lieber auf regionalen Einfluss als auf eine Organisation wie die EU, die ihm Souveränitätsverzicht abverlangt.

MeinungEU-Beitritt der Türkei
:Schelte, nett verpackt

Trotz der massiven Gewalt während der Gezi-Park-Proteste will die Europäische Kommission die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei fortsetzen. Das hat die Regierung der bunter werdenden türkischen Zivilgesellschaft zu verdanken. Das Land täte gut daran, die Taue mit der EU nicht wieder zu kappen.

Ein Kommentar von Christiane Schlötzer, Istanbul

Ankara hat die beschlossene Intensivierung der Beitrittsverhandlungen jetzt entsprechend vorsichtig begrüßt. "Die Entscheidung ist ein positiver Schritt, jedoch verspätet. Für uns ist das nicht genug", zitiert die Nachrichtenagentur Anadolu den Ministerpräsidenten Erdogan. Auch der für die Verhandlungen mit der EU zuständige Minister Egemen Bagis gab sich zurückhaltend. "Die Eröffnung eines neuen Kapitels ist wichtig, aber eine Blume macht noch keinen Frühling", sagte er.

Beitrittskandidat Serbien

Kroatien ist das jüngste EU-Mitglied unter den Balkan-Staaten, das Land wurde am 1. Juli dieses Jahres aufgenommen. Serbien ist seit März 2012 Beitrittskandidat, wartet aber noch auf den Beginn der Verhandlungen. Im Zentrum steht dabei der Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo.

Mit Montenegro wurden Beitrittsverhandlungen begonnen, bis zu einem Beitritt können aber noch Jahre vergehen. Mit Mazedonien, das seit 2005 den Kandidatenstatus hat, wurden wegen des Namensstreits mit Griechenland noch keine Gespräche begonnen. Das Kosovo sowie Bosnien-Herzegowina und Albanien gelten als mögliche Beitrittskandidaten.

Warnung an die Bundesregierung

Barroso warnte in dem Gespräch mit der Boulevardzeitung zudem die künftige Bundesregierung davor, den Sparkurs in Europa zu lockern. "Es wäre nicht weise, den bisherigen Weg der Haushaltskonsolidierung, Strukturreformen und zielgerichteten Investitionen zu verlassen". Zentrum der EU-Politik müsse sein, "Vertrauen zu schaffen und mehr für Wachstum und die Schaffung neuer Jobs zu tun".

Zugleich begrüßte der Kommissionspräsident Pläne von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der EU-Kommission mehr Befugnisse bei der Überwachung der Finanz- und Wirtschaftspolitik der EU-Mitgliedsländer einzuräumen. "Eine starke deutsche Regierung, die sich für Europa einsetzt, wäre ein wichtiges Signal", sagte Barroso.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/ratz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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