Das Verhältnis zwischen der Türkei und Israel war ursprünglich relativ gut. Die Türkei war der erste muslimische Staat, der Israel anerkannte. Auch Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (l.) bemühte sich nach seinem Amtsantritt 2003 zunächst um gute Beziehungen. Allerdings suchte er auch Kontakt zu Israels arabischen Nachbarn. Nach dem Angriff der israelischen Armee auf den von der Hamas kontrollierten Gaza-Streifen traf er sich 2008 mit Syriens Präsidenten Baschar al-Assad (r.). Erdogan verärgerte die Israelis, als er die Hamas als "sozialreformatorische Bewegung" bezeichnete. 2006 hatte die Türkei als erstes nicht-arabisches Land bereits eine Hamas-Delegation empfangen.
Angesichts der Zerstörungen im Gaza-Streifen warnte Erdogan Israel vor dem Fluch Gottes und warf der Regierung in Jerusalem "Staatsterrorismus" vor. Verärgert waren die Israelis 2008 auch wegen des Besuchs von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad in Ankara.
Am 29. Januar 2009 kam es während des Wirtschaftsgipfels in Davos zu einem Eklat. Auf einer Diskussionsveranstaltung fragte Israels Präsident Shimon Peres (2.v.r.) Erdogan (stehend), wie denn Istanbul auf Raketenangriffe reagieren würde. Der türkische Premier warf Peres daraufhin vor: "Mit dem Töten kennt ihr euch sehr gut aus. Wir wissen, wie ihr Kinder am Strand getötet und erschossen habt." Nachdem der Moderator seine Erklärung unterbrach, verließ Erdogan empört die Veranstaltung.
Bei der Rückkehr Erdogans nach Istanbul wurde er begeistert empfangen. Er hatte in Davos offenbar vielen Türken aus der Seele gesprochen.
Für ein gemeinsames Manöver im Oktober 2009 hatte die Türkei Israel, die USA und Italien eingeladen. Israel wurde allerdings wieder ausgeladen. Dafür reiste der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu nach Damaskus, um mit seinem syrischen Amtskollegen Grenzschranken abzubauen und über eine militärische Kooperation zu sprechen. Nach der Ausladung Israels sagten auch die USA und Italien das Manöver ab.
Die türkische TV-Serie Ayrilik sorgte 2009 für Entrüstung in Israel, da israelische Soldaten als kaltblütige Mörder von Kindern und gefangenen Palästinensern dargestellt werden. (Im Bild: Selcuk Cobanoglu, einer der Produzenten der Serie.) Israels Außenminister Avigdor Lieberman erklärte dazu: "Diese Serie auszustrahlen ist ein ernster Fall von staatlich geförderter Hetze." Selbst für feindliche Staaten sei sie unwürdig, "ganz zu schweigen für ein Land, das volle diplomatische Beziehungen mit Israel unterhält."
Mit seiner Reise nach Teheran im Oktober 2009 stieß Erdogan (r.) die Israelis erneut vor den Kopf. Immerhin spricht Irans Präsident Mahmud Ahmadineschad (m.) Israel die Existenzberechtigung ab.
Am 11. Januar 2010 sorgte Israels stellvertretender Außenminister Danny Ajalon, (l.) für einen Eklat, als er den türkischen Botschafter Ahmet Oguz Celikkol (r.) wegen der TV-Serie Ayrilik einbestellte. Ajalon ließ Celikkol zuerst lange warten, verweigerte ihm den Handschlag, setzte ihn auf einen niedrigeren Platz als sich selbst und stellte lediglich einen israelischen Wimpel auf den Tisch. Die israelische Regierung entschuldigte sich später für den Affront.
Während seines Besuchs in Moskau am 13. Januar 2010 kritisierte Erdogan (l. mit dem russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew), es sei nicht fair, die Nuklearambitionen eines Landes - gemeint war Iran - in einer Region zu blockieren, während ein anderes Land (Israel) Atomwaffen für sich beansprucht. In der arabischen Welt hörte man das gern. In Israel nicht.
Um die Wogen des Zorns zu glätten, reiste Israels Verteidigungsminister Ehud Barak wenige Tage später in die türkische Hauptstadt, besuchte dort das Mausoleum von Mustafa Kemal Ataturk und sprach mit seinem türkischen Amtskollegen Vecdi Gönül. Doch es dauerte nicht lange, bis zum nächsten Eklat ...
Am 31. Mai 2010 stoppte ein israelisches Kommando einen Schiffskonvoi unter türkischer Flagge mit Hilfslieferungen für den Gaza-Streifen mit Gewalt. Mindestens neun propalästinensische Aktivisten kamen ums Leben. Ankara berief daraufhin den türkischen Botschafter aus Israel ab und annullierte drei Militärabkommen mit Israel, wie der türkische Vizeministerpräsident Bülent Arinc (Bild) sagte.
Nach dem Sturm auf die Schiffe des Hilfskonvois wandte sich der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu an den UN-Sicherheitsrad. Er nannte den israelischen Militäreinsatz "staatlich begangenen Mord".
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte den israelischen Angriff als "blutiges Massaker". Nach einem Krisentreffen der militärischen Führung des Landes sprach er von einem Angriff auf das internationale Recht, das Gewissen der Menschheit und den Weltfrieden. Israel forderte er auf, die Blockade des Gaza-Streifens umgehend zu beenden.
In der Türkei kam es nach Sturm auf die "Solidaritätsflotte" zu Demonstrationen wie hier vor der israelischen Botschaft in Ankara. Die türkische Regierung setzte Israel eine Frist für die Freilassung der festgenommenen türkischen Aktivisten bis Mittwochabend. Sonst werde man die Beziehungen zu Israel überprüfen, erklärte Außenminister Ahmet Davutoglu.