FDP:Liberale Leibwächter für den König der Automaten

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Stets mauert die FDP, wenn es um strengere Auflagen für Spielhallen geht. Ein Vertrauter des Glücksspiel-Unternehmers Gauselmann ist Mitinhaber einer Agentur, die den Liberalen Sponsorengeld verschafft.

K. Ott

Auf seine Freunde in der FDP, das weiß Paul Gauselmann, ist Verlass. Und die Liberalen können sich auf Deutschlands Spielhallen-König verlassen. Auf allen Parteitagen seit 2006 traten Gauselmann oder die Automaten-Wirtschaft als Sponsoren auf.

Paul Gauselmann ist eine Größe in der Branche, manche nennen ihn gar den "Automatenpapst". Seine Automaten stehen in vielen Spielhallen. (Foto: ddp)

Zwei Spenden-Dinner der Bundespartei, eine Jubiläumsveranstaltung für den rheinland-pfälzischen Parteichef Rainer Brüderle im Kurfürstlichen Schloss in Mainz und einen Geburtstagsempfang für Schatzmeister Hermann Otto Solms hat Gauselmanns Konzern ebenfalls unterstützt; außerdem drei Treffen der Liberalen mit Journalisten in den Jahren 2006, 2008 und 2010. Abgerechnet wurde das alles über eine FDP-Agentur, die selbst vielen Liberalen kein Begriff ist: Pro Logo. Gegen Zahlungen an Pro Logo können sich Firmen bei der FDP präsentieren .

Einer der engsten Vertrauer von Automaten-König Gauselmann, der Finanzexperte Herbert Schlottmann, ist Mitinhaber der Agentur. Er hält knapp 30 Prozent der Anteile. Ebenso wie Gauselmann ist er Mitglied der CDU.

Diese ungewöhnliche Verbindung und Gauselmanns Geberfreude ist für manchen Branchen-Kenner die Erklärung, warum sich die FDP-Spitze immer wieder wie ein Trupp Leibwächter schützend vor die Gauselmann-Gruppe stellt, wenn strenge Auflagen für Spielhallen drohen. Als neulich bekannt wurde, dass Gauselmann, seine Familie und seine Manager seit Jahrzehnten Politiker und Parteien mit Schecks versorgen, gab die FDP eine erstaunliche Erklärung ab. Im vergangenen Jahrzehnt habe Gauselmanns Familie 74.836 Euro an die Liberalen gespendet. Schon diese Größenordnung belege, dass von einer zweifelhaften Einflussnahme keine Rede sein könne. Wie viel braucht es dann, um die FDP zu kaufen?

Die Liberalen und Gauselmann verbindet mehr als nur ein paar Spenden. Die Kooperation bei Pro Logo steht für den Einfallsreichtum von Gebern und Nehmern. Begonnen hat das gute Verhältnis zwischen Gauselmann und der FDP vor drei Jahrzehnten, als der Tüftler aus Espelkamp mit eigenen Automaten und Spielhallen sein Daddel-Imperium aufbaute. Einer der Geschäftspartner war Solms, der mit der Firma Video Games Automatenspiele entwickelte. Solche Spiele waren genau das, was Gauselmann brauchte. Der Kontakt blieb erhalten, als Solms 1987 seine Firma verkaufte und sich fortan als Schatzmeister um die Finanzen der FDP kümmerte, was sich als undankbarer Job erwies.

Die Partei war hoch verschuldet, Solms musste die Kasse in Ordnung bringen. Kaum war das geschafft und ein kleines Vermögen angespart, da gab der FDP-Vorstand das Geld schon wieder großzügig für den Wahlkampf aus. Hier noch eine Anzeige, dort noch eine Aktion. Aus reiner Angst, nicht mehr in den Bundestag zu kommen. Für Solms, der darüber nicht reden mag, muss das eine ernüchternde Erfahrung gewesen sein.

Der Schatzmeister suchte Hilfe und fand sie beim ehemaligen Geschäftspartner Gauselmann. Der Spielhallen-Unternehmer empfahl seinen Vertrauten Schlottmann, der schon seit den siebziger Jahren die Finanzen der Firma wie auch der Familie Gauselmann in Ordnung hält.

Als Pro Logo im vergangenen Jahrzehnt das Sponsoring der FDP übernahm, stieg Schlottmann dort ein. Dank seines Vetorechts als Mitgesellschafter kann er den ungehinderten Zugriff des FDP-Vorstands auf die Kasse von Pro Logo unterbinden. Schlottmann kann verhindern, dass kurzfristige Wahlkampf-Ausgaben die Parteifinanzen langfristig gefährden. Ein Mitglied einer konkurrierenden Partei und Vertrauter eines bedeutenden Industriellen als Bollwerk gegen den FDP-Vorstand, das dürfte eine in der deutschen Parteienlandschaft ziemlich einmalige Konstruktion sein.

Die guten Beziehungen zwischen Glücksspiel-Unternehmer Gauselmann und der FDP bestehen schon seit drei Jahrzehnten. Nicht alle in der Partei freut das. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, wollte die Auflagen für Spielhallen verschärfen, wurde aber zurückgepfiffen. (Foto: dapd)

Dass Schatzmeister Solms das nicht kommentiert, ist verständlich. Was soll er schon sagen, ohne Parteichef Guido Westerwelle zu verärgern oder ihn gar bloßzustellen? Über Schlottmanns Rolle bei Pro Logo äußert Solms nur Allgemeines. Der Gauselmann-Vertraute sei ein "exzellenter Finanzfachmann", der auf eine "ordentliche Rendite" achte. Es sei eine "strategische Entscheidung" gewesen, ihn als Mitinhaber aufzunehmen.

Schlottmann selbst nimmt nicht Stellung. Dass der Gauselmann-Vertraute CDU-Mitglied ist, hat die FDP übrigens erst durch die Süddeutsche Zeitung erfahren. Dabei hätte ein Blick ins Internet genügt: Die CDU Espelkamp weist ihn als Beisitzer im Ortsvorstand aus. Schlottmann spendet auch gerne an seine eigene Partei, wie Gauselmann erzählt. Das dürfte dem Finanzexperten, seit er bei Pro Logo ist, noch leichter fallen als früher. Auskünften der FDP zufolge soll Schlottmann seit 2005 mehr als 100.000 Euro an Gewinn-Anteilen kassiert haben.

Für die FDP ist das zu verschmerzen, sie hat sich mit Pro Logo eine neue Geldquelle erschlossen. Die Agentur kauft der Partei Vermarktungsrechte an deren Veranstaltungen ab und zahlt gut dafür. Pro Logo veräußert diese Rechte an Firmen, die bei Parteitagen und -festen für sich werben. Das bringt jährlich mehr als eine Million Euro. Die Kosten für das Sponsoring können die Firmen beim Fiskus anschließend als Betriebsausgaben geltend machen. Besonders intensiv nutzen das Gauselmann und seine Branche. Sie sind seit 2005 bei 14 FDP-Veranstaltungen als Sponsoren aufgetreten.

Schatzmeister Solms sagt, die FDP sei aus Überzeugung und nicht wegen des Geldes aus Espelkamp für liberale Freiräume für die Automatenbranche. Das Land brauche die Spielhallen, "in gesetzlich engen Grenzen", weil sonst illegale Spielhöllen entstünden. Nicht alle Liberalen sehen das so. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, will Automaten aus Gaststätten verbannen und die Auflagen für Spielhallen drastisch verschärfen. Doch kaum war Dyckmans kürzlich damit vorgeprescht, da wurde sie von führende Liberale zurückgepfiffen. Es gebe "intelligentere Lösungen" als Aufstellverbote.

Solms hat Gauselmann mal für ein Betriebsjubiläum Parteichef Westerwelle als Redner besorgt. Und bei einem seiner Besuche in Espelkamp hat der Schatzmeister versprochen, die Liberalen würden alles tun, um eine neue Automaten-Steuer zu verhindern. Solms hielt Wort. Auf wahre Freunde ist Verlass.

© SZ vom 10.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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