Deutschland:Zahl der Asylbewerber erstmals niedriger als 2014

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Der Migrationsbericht der Bundesregierung zeigt, dass Deutschland die Zuwanderung "gut bewältigt hat".

Von Constanze von Bullion, Berlin

Nach scharfen Asyldebatten in Deutschland und Jahren rückläufiger Flüchtlingszahlen ist 2018 die Zahl der Asylbewerber erstmals wieder unter das Niveau von 2014 gesunken. Das zeigt der Migrationsbericht 2018, der am Mittwoch vom Kabinett gebilligt wurde. Ebenfalls am Mittwoch wurden die Asylbewerberzahlen für das Jahr 2019 vorgelegt. "Die Zuwanderung von Schutzsuchenden ist zurückgegangen, und es kommen mehr Menschen, um hier zu studieren und zu arbeiten", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Insgesamt geht aus dem Migrationsbericht hervor, dass Deutschland die hohe Zahl von Schutzsuchenden von 2015 und 2016 gut bewältigt hat."

Die Zahl der Erstanträge auf Asyl in Deutschland war zwischen 2008 und 2017 neun Jahre lang kontinuierlich angestiegen. 2018 gingen die Zahlen, so Seibert, deutlich zurück. Gleichzeitig eskalierte zwischen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Streit um die Flüchtlingspolitik. Auf die Frage, ob Seehofers Warnungen vor einer Überforderung Deutschlands im Rückblick überzogen gewesen seien, antwortete sein Sprecher, der Rückgang von Asylbewerbern habe viele Ursachen. Zu ihnen zählten auch Seehofers migrationspolitische Maßnahmen, von denen "die Masse umgesetzt" sei. Nach dem Migrationsbericht, den die Bundesregierung regelmäßig dem Bundestag vorlegen muss, sind im vorvergangenen Jahr 1,59 Millionen Menschen nach Deutschland gekommen, 1,19 Millionen zogen weg. Im Vergleich zum Vorjahr nahmen die Fortzüge leicht zu. Gleichzeitig wurden Deutschlands Hochschulen internationaler. Hier arbeiteten fast 50 000 Wissenschaftler aus dem Ausland. Im Wintersemester 2018/2019 waren mehr als 300 000 nicht-deutsche Studenten immatrikuliert. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung begrüßte die Entwicklung. "Wer hier in Deutschland seinen Abschluss macht, der kann auch bleiben und damit auch unsere Fachkräftebasis erhöhen", sagte ein Sprecher.

Aus der Opposition kam Widerspruch. "Weit unter zehn Prozent der Studierenden bekommen nach Abschluss ihres Studiums eine Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitssuche", erklärte die migrationspolitische Sprecherin der Grünen, Filiz Polat. Die Regierung müsse "das Potenzial dieser wichtigen Einwanderungsgruppe endlich durch erleichterte Aufenthaltsbedingungen anerkennen".

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte die positive Asylbilanz der Regierung als irreführend. Deutschlands "Abschottungsmaßnahmen" gingen auf Kosten anderer Staaten. "Allein in Griechenland harren mehr als 40 000 Schutzsuchende in den völlig überfüllten Lagern auf den ägäischen Inseln aus - mehr als ein Drittel sind Kinder", hieß es hier. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, forderte die Bundesregierung auf, die Entspannung bei den Asylanträgen dazu zu nutzen, Migranten aus den "Horrorlagern" auf griechischen Inseln aufzunehmen.

© SZ vom 09.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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