Deutschland:Warnung aus Berlin

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beklagt "galoppierende Entfremdung" und warnt vor einer Konfrontation der Großmächte.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Die Bundesregierung als "ehrlicher Makler" in einem heillosen internationalen Konflikt - so lässt sich die Berliner Haltung zu den Kampfeinsätzen in Syrien umschreiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die USA, Großbritannien und Frankreichs bei ihrer Militäroperation in Syrien unterstützt, verbal. Eine aktive Teilnahme der Deutschen an dem Einsatz allerdings lehnte Merkel ab. Nur eine politische Lösung werde dauerhaften Frieden in dem Bürgerkriegsland bringen, betonte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) in Berlin. Die Bundesregierung werde ihre Kanäle nach Russland nutzen, um dort auf eine konstruktive Haltung zu dringen.

Der Bundespräsident sorgt sich um das deutsch-russische Verhältnis

Mentaler Zuspruch ja, tatkräftige Hilfe nein - so ist das zu verstehen. Noch deutlicher auf Distanz zum Militärschlag in Syrien ging am Wochenende der Bundespräsident. Die Genugtuung sei vielleicht groß, dass der Einsatz chemischer Waffen gegen Zivilisten nicht straflos bleibe, sagte Steinmeier zur Bild am Sonntag. Es bestehe nun aber "zum ersten Mal die ernste Gefahr der direkten Konfrontation amerikanischer und russischer Waffensysteme auf syrischem Boden". Die "nächste Stufe der Eskalation im russisch-amerikanischen Verhältnis" sei erreicht. Nun müsse man "über den nächsten Luftschlag hinausdenken" und alle Konfliktparteien an einem Tisch versammeln. "Es geht am Ende nicht ohne die regionalen Nachbarn, aber nichts beginnt ohne USA und Russland", so Steinmeier. "Die großen Mächte tragen größere Verantwortung." Zudem habe auch der Anschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal in London die "galoppierende Entfremdung zwischen Russland und dem Westen" befördert. "Es gibt praktisch keine Vertrauensbasis mehr - auf beiden Seiten."

Bundeskanzlerin Merkel, die schon in der Ukraine-Krise den Draht nach Moskau nie abreißen ließ, sieht sich nun erneut in schwieriger Vermittlerposition. Entsprechend abgezirkelt fiel ihre Erklärung aus. "Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen", sagte sie. "Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben."

Die Linkspartei kritisierte die Haltung der Bundesregierung. Statt eine friedliche Lösung zu fordern, begrüße die Kanzlerin die kriegerische Eskalation, erklären die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger. "Wer hier nicht eindeutig Nein sagt, betreibt russisches Roulette mit der Welt." Auch AfD-Fraktionschef Alexander Gauland kritisierte die Haltung der Kanzlerin als halbherzig. FDP-Chef Christian Lindner forderte die Bundesregierung auf, den Dialog mit Russland und der Türkei nicht abreißen zu lassen. "So furchtbar die Gräueltaten des syrischen Regimes und seiner Verbündeten sind, so falsch ist eine weitere militärische Eskalation", sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock.

© SZ vom 16.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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