Deutschland:Prognose: Wirtschaft wächst nur noch um 0,8 Prozent

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Sachverständige korrigieren Vorhersage stärker als erwartet, auch wegen der Schwierigkeiten der deutschen Autoindustrie.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Der Aufschwung in Deutschland hat stark nachgelassen. Nach Auffassung des Sachverständigenrates wird das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nur um 0,8 Prozent wachsen. Damit haben die fünf Ökonomen, die im Auftrag der Regierung die Lage begutachten, ihre Prognose aus dem Herbst nahezu halbiert: Damals waren sie von 1,5 Prozent ausgegangen. Die Bundesregierung selbst hatte in ihrem Jahreswirtschaftsbericht Ende Januar noch ein Prozent Wachstum prognostiziert.

Grund für den starken Rückgang sei eine schwächere Weltwirtschaft und eine Reihe von Sondereffekten, heißt es in der Prognose. So sei das letzte Vierteljahr des alten Jahres für die deutsche Wirtschaft "unerwartet schlecht" gelaufen, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Christoph Schmidt; es gebe eine "Konstellation von Problemen". Grund dafür waren unter anderem die Schwierigkeiten der Autoindustrie mit dem neuen Prüfstandard WLTP, diese hatten die Auslieferung bestellter Fahrzeuge verzögert. Die schwelenden Handelskonflikte Chinas und Europas mit den USA sowie die Sorgen um den EU-Austritt Großbritanniens hätten ebenfalls ihre Spuren hinterlassen - und lösten auch weiterhin Unsicherheit aus.

Das schlägt sich auch im "Nationalen Reformprogramm" nieder, das der Bund einmal im Jahr nach Brüssel melden muss. "Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland bleibt aufwärtsgerichtet", heißt es in einem Entwurf für das Programm. "Sie ist aber in unruhigeres Fahrwasser geraten", so das Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Vor allem im "außenwirtschaftlichen Umfeld" hätten sich die Risiken erhöht. Zwar könne sich die Lage entspannen, etwa wenn Inländer mehr Erspartes für Konsum ausgeben. "Allerdings sind es gegenwärtig die Risiken, die dominieren", heißt es in dem Entwurf.

Auch aus Sicht der Sachverständigen ist es vor allem der "robuste" Binnenkonsum, der ein noch schwächeres Wachstum verhindert. Eine Rezession sei deshalb nicht zu befürchten. Allerdings könne die Wirtschaft schon im nächsten Jahr wieder stärker wachsen: Die Prognose geht für 2020 von 1,7 Prozent Wachstum aus. Darin eingerechnet ist auch die größere Zahl von Arbeitstagen im Schaltjahr 2020, in dem obendrein mehrere Feiertage auf Wochenenden fallen. Rechne man diesen Effekt heraus, bleibe ein Wachstum von 1,3 Prozent. Im vorigen Jahr war die Wirtschaft noch um 1,4 Prozent gewachsen, 2017 um 2,2 Prozent. Weil es aber schon jetzt an Fachkräften mangelt, dürfte die Zahl der Arbeitslosen weiter fallen, ungeachtet des schwächeren Wachstums. Die Regierungsberater erwarten für 2020 eine Arbeitslosenquote von nur noch 4,6 Prozent.

Bei den Steuereinnahmen kann sich der Bund zwar weiterhin auf Zuwächse einstellen, sie fallen aber schwächer aus als zuletzt erwartet, warnt der Sachverständigenrat. Diesen Mittwoch will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) seinen Haushaltsentwurf für 2020 ins Kabinett einbringen. Er hatte schon vor einigen Wochen die "fetten Jahre" für beendet erklärt.

© SZ vom 20.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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