Deutsche IS-Anhängerinnen:Terror, Tod und Sklaverei

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Jennifer W. - hier vor Gericht in München - soll nicht eingeschritten sein, als ein jesidisches Mädchen vor ihren Augen verdurstete. Ihr droht lebenslange Haft. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Zurückgekehrte IS-Frauen müssen meist in Haft, manche bis zu sechs Jahre.

Von Annette Ramelsberger

Eine nach der anderen kommt nun zurück, zumindest die, die überlebt haben und nicht in Lagern sitzen. Die Witwe von Dennis Cuspert zum Beispiel, dem früheren Rapper und späteren IS-Anführer, genauso wie Sabine S. aus Baden-Baden, die andere Musliminnen dazu aufrief, zum IS zu gehen, und in ihrem Blog ständig neue Hinrichtungsvideos und Leichenbilder von getöteten Abtrünnigen postete. Oft über mehrere Jahre hatten Dutzende deutsche Frauen mit ihren IS-Kämpfern in Syrien und im Irak gelebt, das Regime unterstützt und Familien gegründet. Nach dem Zusammenbruch des IS waren viele der Ehemänner tot, die Frauen flohen Richtung Türkei, saßen dort in Flüchtlingslagern fest oder wurden von den Kurden gefangen genommen. Manche von ihnen wurden nach Monaten von ihren Eltern zurückgeholt, über Mittelsmänner, oft gegen viel Geld.

Wenn die IS-Frauen deutschen Boden betreten, werden sie in aller Regel festgenommen. Wenig später folgt der Prozess. Eine ganze Reihe ehemaliger IS-Frauen hat die Bundesanwaltschaft vor Oberlandesgerichten angeklagt. Was ihnen vorgeworfen wird, hört sich martialisch an: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen gegen das Eigentum und vor allem auch Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht. Die Rechtsbegriffe bedeuten nichts anderes, als dass die Frauen im Herrschaftsgebiet des IS jesidische Sklavinnen gehalten, die Wohnungen von Vertriebenen benutzt und meistens Zugriff auf Kalaschnikows gehabt haben, was als Sklaverei, Plündern und Verstoß gegen das Kriegswaffengesetz gewertet wird. Außerdem sind die Frauen oft mit kleinen Kindern ins Kriegsgebiet gegangen, wo diese in tödlicher Gefahr waren und - als Mädchen - auch keinerlei Recht auf Schulbildung hatten.

Carla-Josephine S. ging mit ihren Kindern zum IS, ihr Sohn starb bei einem Bombenangriff

Eine Reihe von IS-Frauen sitzt bereits in Haft. Etwa die Islamistin Sabine S. , die das Oberlandesgericht Stuttgart 2019 zu fünf Jahren Haft verurteilte. Oder Carla-Josephine S. aus Dortmund, die mit drei Kindern zum IS ging und ihren Sohn in einer militärischen Einheit trainieren ließ. Der Junge wurde bei einem Bombenangriff getötet. Das OLG Düsseldorf verurteilte die Mutter im Frühjahr zu fünf Jahren und drei Monaten Haft.

In den vergangenen sechs Jahren sind weit mehr als 120 IS-Anhänger nach Deutschland zurückgekehrt, erklärte die Bundesregierung auf Anfrage der Linken im November 2019. 53 von ihnen sind als "Gefährder" eingestuft. Die Zahl der Rückkehrer hat sich seither erhöht. Ermittler erwarten die nächste Welle, wenn die Kurden Gefangene freilassen.

Bei den Frauen hat sich ein Strafmaß von drei bis sechs Jahren eingependelt, je nachdem, wie aktiv sie selbst beim IS waren. Unter den angeklagten Frauen sind immer wieder welche, die sich in der Sittenpolizei "Hisba" engagiert haben und sogar selbst die Waffe in die Hand nahmen. Fälle von Frauen, die lediglich Mitglied beim IS waren, gibt die Bundesanwaltschaft längst an die Generalstaatsanwaltschaften der Länder ab. Sie hat genug mit den harten Fällen zu tun.

Einer dieser herausragenden Fälle ist Jennifer W., die seit 2019 in München vor Gericht steht. Ihr wird vorgeworfen, nicht eingeschritten zu sein, als ihr Mann, ein IS-Kämpfer, ein fünf Jahre altes jesidisches Sklavenmädchen in der Sonne von Falludscha sterben ließ. Der Frau droht möglicherweise lebenslange Haft, genauso wie ihrem Mann. Der steht in Frankfurt vor Gericht.

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