Deutsch-russisches Pipeline-Projekt:Schröder weist Vorwürfe als "Unsinn" zurück

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Gerhard Schröder wehrt sich gegen Vorwürfe im Zusammenhang mit seinem geplanten Aufsichtsratsvorsitz bei der deutsch-russischen Pipeline-Gesellschaft. "Da wird von Politikern und Medien viel Unsinn verbreitet", sagte der Altkanzler am Montag der Süddeutschen Zeitung. Laut Schröder ist derzeit weder die Zusammensetzung des Aufsichtsrats klar, noch sei "jemals über Geld gesprochen worden". Kanzlerin Angela Merkel zeigte Verständnis für kritische Fragen an Schröder und will einen Ehrenkodex für Ex-Politiker prüfen. Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) verteidigte Schröder.

Hans Leyendecker und Ulrich Schäfer

Er rechne damit, dass die "für solche Aufgaben übliche Aufwandsentschädigung" gezahlt werde, sagte Schröder. Die in einigen Medien verbreiteten Summen, die zwischen 200.000 Euro und einer Million Euro liegen, seien "völlig aus der Luft gegriffen und sicherlich viel zu hoch". Schröder kündigte juristische Schritte an. Sein Hamburger Anwalt Michael Nesselhauff will im Auftrag Schröders in den nächsten Tagen Unterlassungserklärungen und Richtigstellungen bei Gericht beantragen.

Als Kanzler hat Gerhard Schröder das Projekt der Ostsee-Gaspipeline eingefädelt, nun will er Aufsichtsratchef der Betreibergesellschaft werden (Foto: Foto: dpa)

"Für mich ist es eine Ehrensache, bei dem Pipeline-Projekt mitzumachen", sagte Schröder. Nach seiner Darstellung ist er am Freitag "von russischer Seite" angerufen worden. Dabei sei ihm das Amt im Aufsichtsrat angeboten worden. Schröder, der mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin freundschaftlichen Kontakt pflegt, lehnte es ab, den Namen des Anrufers zu nennen.

"Ich will arbeiten"

Er habe in dem Gespräch darauf hingewiesen, dass er einen solchen Posten nur dann antrete, wenn die an dem Konsortium beteiligten beiden deutschen Firmen Eon und BASF damit einverstanden seien. Kurz darauf sei er von Vorstandsmitgliedern beider Unternehmen angerufen und gebeten worden, mitzumachen. "Ich habe schon in der Vergangenheit das Projekt politisch unterstützt, weil ich es für sinnvoll halte", sagte Schröder. "Ich bin erst 61 Jahre alt und will arbeiten. Ich will meiner Frau nicht daheim auf den Wecker fallen", scherzte Schröder.

"Pikant" finde er, dass "ausgerechnet Vertreter der FDP" seinen geplanten Einstieg in die Privatwirtschaft kritisierten. "Da muss man nur mal schauen, was Herr Genscher nach seinem Ausscheiden gemacht hat oder gar Otto Graf Lambsdorff", sagte Schröder.

Der Altkanzler äußerte Unverständnis über die Kritik einiger Sozialdemokraten an seiner Zusage. Insbesondere kritisierte er Thüringens SPD-Chef Christoph Matschie, der offen Unverständnis für Schröders Pläne geäußert hatte. "Wenig hilfreich" empfindet Schröder auch die Kritik des SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck. Dieser hatte gesagt: "Ich hätte es nicht gemacht." Er wiederum hätte "es schön gefunden, wenn mich Peter Struck vor dieser Äußerung angerufen und sich nach dem Sachstand erkundigt hätte", sagte Schröder. "Das hat er leider nicht getan."

Handlungsbedarf für die Zukunft

Vizekanzler Franz Müntefering verteidigte Schröders Absicht, für das Pipeline-Konsortium zu arbeiten. Die Leitung sei für die Energieversorgung in ganz Westeuropa von strategischer Bedeutung. "Dass nun Kritiker Putins und der deutsch-russischen Zusammenarbeit Gerhard Schröders Engagement diffamieren wollen, kommt nicht unerwartet, ist kleinlich und nicht gerechtfertigt", sagte Müntefering der SZ. Schröders Arbeit und Bezahlung würden "so transparent sein, wie Aufsichsratsfunktionen es nur sein können". SPD-Chef Matthias Platzeck verteidigte ebenfalls Schröders Pläne. Er halte Schröder für einen "völlig integren Mann", sagte er nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin.

Merkel wollte das Vorgehen Schröders nicht öffentlich bewerten, ließ aber erkennen, dass sie Handlungsbedarf für die Zukunft sehe. Die Kanzlerin habe "ein gewisses Verständnis für die aufgeworfenen Fragen", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg. Sie verfolge die öffentliche Debatte, dies sei aber nicht als "Missbilligung" zu verstehen. Die Bundesregierung wolle über einen Ehrenkodex für ausgeschiedene Politiker nachdenken.

© SZ vom 13.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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