Demokraten:Verlierer mit Ambitionen

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Obwohl Beto O'Rourke für die Demokraten in Texas nicht den Senatssitz holen kann, setzt die Partei große Hoffnungen in ihn im Kampf gegen Trump.

Von Johannes Kuhn und Beate Wild

Beto O'Rourke hat die Wahl in Texas zwar verloren. Aber seine Partei hat noch viel vor mit ihm. (Foto: Eric Gay/dpa)

Am Tag vor den Zwischenwahlen war die "Betomania" noch grenzenlos gewesen, am Wahlabend hieß es: Texas gonna texas - Texas tut, was Texas tut. Und das heißt: Wenn es um größere Ämter geht, wählt der Bundesstaat Konservative. Und so verteidigte der Republikaner Ted Cruz seinen Senatssitz gegen den demokratischen Kongressabgeordneten Beto O'Rourke, womit er die Mehrheit der Konservativen im Senat zementierte.

O'Rourke war nur einer von einer ganzen Reihe erfolgloser Senatswahlkämpfer der Demokraten 2018. Doch was heißt erfolglos? Nur 213 000 Stimmen fehlten ihm am Ende, und dass sein politischer Weg zu Ende ist, glaubt niemand. Der 46-Jährige war als Marathon-Mann seit Monaten mit dem Auto durch alle 254 texanischen Bezirke gereist und hatte seinen Wahlkampf authentisch in den sozialen Netzwerken dokumentiert. Die US-Medien gaben ihm das Attribut "kennedyesk" und erklärten Cruz gegen Beto zur wichtigsten Wahl des Jahres.

Finanziell brach dieser Wahlkampf Rekorde: Cruz sammelte 30 Millionen Dollar, O'Rourke satte 70 Millionen, obwohl er auf Geld von Firmen verzichtete. Aus dem ganzen Land schickten Demokraten Schecks und gute Wünsche. Um dann am Wahlabend darüber zu schimpfen, was Texas doch für ein Hinterwäldler-Staat ist.

Der Kandidat selbst blieb auch in der Niederlage bei seiner positiven Botschaft. Als er in seiner Heimatstadt El Paso auftrat, rief er: "Dass wir heute Nacht verloren haben, wird in keiner Weise meine Gefühle zu Texas oder diesem Land mindern." Auch Cruz redete am Wahlabend von einer Wahl der "Hoffnung und Zukunft". Der Senator hatte sich allerdings seit seiner ersten Wahl 2012 allzu sehr um die eigene Zukunft bemüht. Dass er sich mehr um seine Präsidentschaftskandidatur als um texanische Anliegen kümmerte, nahmen Parteifreunde mit Befremden zur Kenntnis. Vor wenigen Tagen raunten diese anonymen Kritiker im Magazin Politico, der wenig beliebte Cruz sei dieses Jahr schlagbar. O'Rourke hätte sich eben nicht so eindeutig als Demokrat zu erkennen geben sollen.

Tatsächlich war das Programm O'Rourkes für texanische Verhältnisse äußerst links: Waffenkontrolle, eine allgemeine Krankenversicherung und Marihuana-Legalisierung sollten eine Koalition von Demokraten, Minderheiten und bisherigen jungen Nichtwählern hinter ihm vereinen. Die Republikaner beschuldigten ihn, das freie Texas zum überregulierten und hoch besteuerten Kalifornien machen zu wollen, das unter eingefleischten Konservativen als inoffizieller Nachfolgestaat der Sowjetunion gilt.

Der Wahlausgang in Texas folgt einer Tradition: 2018 war das 20. Jahr in Folge, in dem die Republikaner alle im ganzen Bundesstaat zur Wahl stehenden Posten gewannen, vom Gouverneur über den Senatssitz bis zum Landbeauftragten. Doch dieses Mal musste sich die Partei strecken, die Abstände waren kleiner, weil Beto das demokratische Lager beflügelte.

O'Rourke steht für ein sich veränderndes Texas, so die Hoffnung der Demokraten. Der Bundesstaat wird urbaner und progressiver. Metropolen wie Austin, Houston, Dallas und San Antonio ziehen Fachkräfte an, die ihre liberale Einstellung mitbringen. Texas erinnert an Virginia, das seit Anfang des Jahrtausends von einem tiefroten zu einem eindeutig blauen Bundesstaat wurde. Allerdings hat das progressive Texas schon häufiger auf eine Zukunft gewartet, die Zukunft blieb. Dass Beto O'Rourke seine Augen auf größere Ziele richten sollte, war am Dienstagabend häufiger zu hören. Da er seinen Sitz im Repräsentantenhaus aufgegeben hat, hätte er nun viel Zeit, Iowa zu besuchen - traditionell beginnt hier das Rennen um die Präsidentschaftswahl. Euphorische O'Rourke-Fans erinnern daran, dass Abraham Lincoln bei der Senatswahl 1858 in Illinois auch eine Schlappe erlebte - und zwei Jahre später zum Präsidenten gewählt wurde.

© SZ vom 08.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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