Debatte um Steuersenkungen:Seehofers neue Volte

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CSU-Chef Horst Seehofer fordert Steuersenkungen für 2011 und stellt FDP und Kanzleramt als Bremser dar - im März klang der bayerische Ministerpräsident noch anders.

Da ist er wieder: Der Mann, der den Kampf gegen Windmühlenflügel nicht scheut. Der zur Not allein steht gegen die ganze Welt, zumindest aber gegen die FDP.

"Was vor der Wahl versprochen wurde, ist auch nach der Wahl zu halten", findet der bayerische Ministerpräsident. (Foto: Foto: dpa)

Im Moment besteht Horst Seehofer auf Steuersenkungen im Jahr 2011, berichtet der Spiegel - und stellt sich damit gegen Bundeskanzlerin und Kollegen aus der CDU.

So wie Jürgen Rüttgers. Der wahlkämpfende Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens sagte dem Tagesspiegel in einem Interview mit dem Tagesspiegel, das an diesem Sonntag erscheinen wird folgende Sätze: "Es ist jetzt klar, dass es keine Steuersenkungen in diesem Jahr und im Jahr 2011 geben wird." Diese Klarheit sei für seine Partei "wichtig, damit nicht der Eindruck entsteht, solche Entscheidungen würden nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen getroffen".

Nun ja, NRW ist eben weit weg von Bayern - und Horst Seehofer sieht die Sache eben anders, zumindest momentan.

Das Argument des CSU-Chefs lautet: Versprochen ist versprochen. Deshalb beharrt der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef auf Entlastungen im nächsten Jahr: "Wir müssen solide Haushaltspolitik und Steuerentlastung unter einen Hut bringen und schon 2011 bei der Steuer mit dem Abbau der kalten Progression anfangen", sagte Seehofer dem Nachrichtenmagazin. "Was vor der Wahl versprochen wurde, ist auch nach der Wahl zu halten", fügte der bayerische Ministerpräsident hinzu.

Seehofer lehne Pläne aus dem Kanzleramt und vom Koalitionspartner FDP ab, 2011 komplett auf Steuerentlastung zu verzichten und erst 2012 die Steuern zu senken, schreibt der Spiegel. Der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon solle deshalb ein Konzept ausarbeiten, das eine moderate Steuerentlastung von 2,5 Milliarden Euro vorsieht und das schon zum 1. Januar 2011 in Kraft treten könnte.

Merkel hatte noch am Freitag den Zeitpunkt von Steuerentlastungen ausdrücklich offengelassen. Zunächst einmal stehe das Thema Steuervereinfachung auf der Tagesordnung, "und dann werden wir auch im weiteren Verlauf der Legislaturperiode über Steuererleichterungen sprechen", sagte die CDU-Vorsitzende in einem WDR-Interview.

Klarheit über mögliche Steuersenkungen im Jahr 2012, wie dies der Koalitionspartner FDP fordert, gebe es aber in diesem Jahr noch nicht, sagte sie. In der gegenwärtigen Situation seien Prognosen sehr schwer. "Die FDP hat deutlich gemacht, dass sie zeitliche Variationen sieht, das heißt, dass man später über Steuersenkungen sprechen kann. Ich finde, das ist ein richtiger Schritt", sagte Merkel.

Von Seehofers Vorstoß dürfte die Kanzlerin nun einigermaßen überrascht sein. Denn noch vor wenigen Wochen hatte Seehofer eine andere Position vertreten.

Nach der Abkehr der Liberalen von ihrer Forderung nach raschen Steuersenkungen reagierte Seehofer noch überaus positiv: "Ich habe das mit freudigen Gefühlen registriert", sagte Seehofer zu den Äußerungen von FDP-Politikern, die Entlastungen nicht unbedingt schon im kommenden Jahr umzusetzen. Das war Ende März.

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Die Begründung für seine freudigen Gefühle lautete damals: Die CSU sei nach wie vor eine "Partei der Steuersenkungen", aber man wolle "das immer in Einklang bringen mit dem Machbaren". Er, Seehofer, habe den Eindruck, dass die FDP dies nun genauso sehe.

Auch im Januar hatte Horst Seehofer mit erhobenem Zeigefinger vor dem unrealistischen Vorhaben der FDP gewarnt, die Abgaben im kommenden Jahr um bis zu 24 Milliarden zu senken. Das ist nun aber alles schon lange her.

Der CSU-Chef will sich mit seiner neuerlichen Wende offensichtlich als Vertreter und Anwalt der kleinen Steuerzahler in der großen Politik profilieren. Die FDP wiederum will sich von Horst Seehofer nicht die Butter vom Brot nehmen lassen.

Die Liberalen wollen am Wochenende auf ihrem Parteitag ihr Steuerkonzept verabschieden, mit dem sie die Union in Zugzwang bringen will. Es sieht Steuerentlastungen spätestens ab 1. Januar 2012 im Umfang von 16 Milliarden Euro vor, wobei die volle Wirkung bis zum Ende der Wahlperiode im Jahr 2013 erreicht sein soll.

Zum Auftakt des Parteitags sagte FDP-Vize-Parteichef Andreas Pinkwart, Steuerentlastungen seien möglich und nötig - allerdings hält die FDP daran fest, dass die Steuerzahler erst ab 2012 entlastet werden sollen.

Pinkwart griff Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble an, der die Bevölkerung in einem Interview auf große Sparanstrengungen und schwierige Zeiten einstimmen wollte.

"Wer Griechenland Milliarden an Hilfen in Aussicht stellt und sich dann vor die deutschen Arbeitnehmer und kleinen Betriebe stellt und sagt, für euch ist kein Geld da, das schlägt dem Bürger ins Gesicht", reagierte Pinkwart auf diese Ankündigungen.

Die CSU setzte noch einen drauf: Die Bayern knöpften sich bislang nicht den deutschen Finanzminister, wohl aber die Griechen vor. "Griechenland hat nicht nur ein Liquiditäts-, sondern auch ein grundsätzliches Wachstums- und Strukturproblem", schimpfte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich. Deshalb solle das Land "ernsthaft erwägen, aus dem Euro-Raum auszutreten".

Das dürfte Horst Seehofer gefallen haben.

© sueddeutsche.de/ddp-bay/Reuters/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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