Debatte um Integration:Türkische Logik

Zuerst Türkisch lernen: Premierminister Erdogan versucht, die Ausgewanderten weiter an die Türkei zu binden - und erschwert so deren Integration in Deutschland.

Roland Preuß

Ein Deutscher mit türkischen Eltern bleibt immer ein Türke, selbst wenn er in Deutschland geboren ist und nie einen türkischen Pass besaß. So lautet die verquere Logik der türkischen Regierung, die derzeit wieder durchschimmert.

Die versöhnlichen Töne von Angela Merkel und Premier Recep Tayyip Erdogan im Streit um türkische Schulen in Deutschland verdecken diesen Gegensatz nur. Erdogan versucht, die Ausgewanderten weiter an die Türkei zu binden - und erschwert so deren Integration.

Auch Ankara ruft die Deutsch-Türken dazu auf, Deutsch zu lernen und sich zu integrieren. Solchen Sätzen folgt aber stets die große Einschränkung: Sie dürften keinesfalls ihre Kultur verlieren, sich assimilieren und womöglich Türkisch verlernen. Zunächst, sagt Erdogan, müssten auch die Einwanderer-Enkel Türkisch beherrschen.

Das ist so unsinnig, als würde die Bundesregierung darauf beharren, dass deutsche Auswanderer in den USA ihren Kindern zuerst perfektes Deutsch statt Englisch beibringen. Entscheidend ist die Sprache der neuen Heimat. Nur so lassen sich die großen Integrationsdefizite wie schlechte Schulnoten und hohe Arbeitslosigkeit bei türkischen Zuwanderern beheben.

Die meisten Deutsch-Türken haben sich ohnehin längst dazu entschlossen, in Deutschland zu bleiben, und hören immer weniger auf die nationalistischen Appelle aus Ankara. Sie entscheiden selbst, wohin sie sich orientieren.

Dort sieht man die Türkischstämmigen aber als Lobbygruppe für die Türkei. Wer eingebürgert sei, solle doch eine Partei unterstützen, die für den EU-Beitritt der Türkei sei, heißt es. Hat diese ständige Vereinnahmung aber Erfolg,wird Integration nicht gelingen.

© SZ vom 31.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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