Davos:Der Trump-Schock

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Donald Trump ist nicht der erste US-Präsident, der die Weltwirtschaftsordnung durcheinanderwirbelt. Europa sollte sich erinnern, was dagegen am besten hilft: sich stärker zusammenschließen und Trump eine Strategie entgegensetzen, die auf Offenheit beruht.

Von Ulrich Schäfer

US-Präsident Donald Trump zerschlägt gerade den Ordnungsrahmen der Weltwirtschaft. Stück für Stück stellt er das Prinzip des freien, möglichst ungehinderten Handels infrage - ein Prinzip, für das früher der Begriff des "Washington Consensus" verwandt wurde. Denn in der amerikanischen Hauptstadt wurden die Regeln geschrieben: von der US-Regierung, der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds.

An die Stelle des freien Handels setzt Trump sein "America first". An die Stelle des Multilateralismus setzt er seine Ankündigung, künftig nur noch mit einzelnen Staaten über Handelsverträge zu verhandeln. Er lehnt Abkommen mit vielen Staaten zugleich ab, sei es im Pazifikraum, sei es in Europa. Lieber erhebt Trump Strafzölle auf chinesische Solarpanele, südkoreanische Waschmaschinen oder spanische Oliven, um einzelne Länder auf den gewünschten, Amerika dienlichen Kurs zu zwingen.

Auch Nixon wirbelte die Weltwirtschaft durcheinander - und zwar weitaus stärker

Der Schock darüber ist groß, auch bei den Teilnehmern des Weltwirtschaftsforums in Davos, denen Trump an diesem Freitag seine sehr einfache Sicht der Welt erklären wird. Doch bei aller berechtigten Aufregung über den Poltergeist aus Washington gilt es zu bedenken: Trump ist nicht der erste US-Präsident, der die Nachkriegsordnung der Weltwirtschaft durcheinanderwirbelt. Das tat vor ihm schon Richard Nixon, und was dieser tat, hatte noch weitaus gravierendere Folgen.

Über Nacht kippte Nixon 1971 das System der festen Wechselkurse, mit dem man zweieinhalb Jahrzehnte gut gelebt hatte. D-Mark, Franc oder Pfund waren fest an den US-Dollar gebunden, die Weltwirtschaft florierte, aber irgendwann gewann die Regierung in Washington den Eindruck, dass andere Länder weitaus mehr profitierten und die USA vor allem draufzahlten. Nixon beendete deshalb ohne Vorwarnung die Ära der festen Wechselkurse und führte, um Amerikas Wirtschaft zu schützen, zudem einen Sonderzoll auf sämtliche Importe ein; also nicht bloß auf Oliven oder Waschmaschinen.

Die Aufregung der Europäer über den "Nixon-Schock" war 1971 mindestens so groß wie heute über den "Trump-Schock". Sie fühlten sich vom US-Präsidenten düpiert und waren erbost über dessen einseitigen Kurs. Aber aus der Konsequenz, die die Staaten der Europäischen Gemeinschaft damals zogen, lässt sich einiges für heute lernen: Sie beschlossen, ihren Weg zu gehen, und schufen 1979 ein eigenes System fester Wechselkurse: das Europäische Währungssystem, aus dem später der Euro hervorging.

Auch heute muss Europa sich seiner eigenen Stärken besinnen und der rücksichtslosen Politik des US-Präsidenten eine eigene Strategie entgegensetzen, die nicht auf Abschottung setzt, sondern auf Offenheit. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron weist hier den Weg, er will Europa noch enger zusammenführen, will die Industrie stärken, deren Innovationskraft fördern und die Digitalisierung vorantreiben. Die Chancen dafür sind gut, denn das Silicon Valley ist, auch weil es ungewollt dabei geholfen hat, Trump an die Macht zu bringen, gerade in der Defensive. Europa mit seiner Industrie wird dagegen immer stärker zum Treiber der Digitalisierung. Eine mutige Industrie- und Forschungspolitik, verbunden mit einer klugen Handelspolitik, die sich neue Partner sucht und auch ohne Abkommen mit den USA auskommt, ist deshalb die richtige Antwort auf Trumps Isolationismus.

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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