CSU:Reih dich ein

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Horst Seehofer und Markus Söder versuchen, sich vor den Gesprächen mit den Sozialdemokraten als Einheitsfront zu präsentieren.

Von Wolfgang Wittl

Ruhe sollte einkehren in der CSU, nichts sollte den mühsam inszenierten Frieden auf die Probe stellen. Und dann das: Am Freitag, nur vier Tage nach der Machtteilung zwischen dem designierten bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und Parteichef Horst Seehofer, wurde plötzlich aufgeregt herumtelefoniert. Der Spiegel hatte eine Meldung verschickt, wonach in der Seehofer-Söder-Fassade erste Risse zu begutachten seien. Als Beweis wurde Seehofers Satz mit Blick auf eine große Koalition zitiert: "Der Parteichef führt die Verhandlungen, es geht da ja schließlich um die Bundespolitik der CSU." Also doch Streit zwischen beiden? Sofort kamen aus der Parteizentrale Beschwichtigungsformeln. Von einer Ausgrenzung Söders könne keine Rede sein, eher vom missglückten Versuch eines konstruierten Konflikts.

Auch in der CSU denken ja einige, die verordnete Eintracht sei nur von kurzer Dauer. Das genannte Beispiel taugt indes nicht als Beleg. Tatsächlich sind die Claims klar abgesteckt: Seehofer soll sich um Berlin kümmern, Söder um Bayern. Seehofer soll die Verhandlungen mit der SPD führen, Söder erst in der erweiterten Delegation zu den Gesprächen dazustoßen. So ist es vereinbart, und doch zeigt die kurz aufflammende Hektik, wie sensibel die Statik des neuen CSU-Machtgebildes ist. Schon ein harmloser Satz erfordert eine Klarstellung.

Beide können sich ein Bündnis mit der SPD vorstellen, bedauern aber das Scheitern von Jamaika

In ihrer Einschätzung zur Regierungsbildung in Berlin sind sich Seehofer und Söder im Grunde einig: Beide können sich eine Koalition mit der SPD gut vorstellen. Sie bedauern trotzdem, dass die weit fortgeschrittenen Gespräche mit FDP und Grünen nicht zum Ziel geführt haben. Anfangs noch schwer vorstellbar, hat ein Jamaika-Bündnis auch in München seine Reize entfaltet. Dies umso mehr, da die derzeitigen SPD-Signale in der CSU keine Freude auslösen. Die von Sozialdemokraten vorgeschlagene Kooperationskoalition, in der nur bestimmte Themen verbindlich geregelt werden sollen, sei wohl "als Witz gedacht", sagt ein CSU-Mann: "Was man durchsetzen kann, schreibt man in einen Vertrag. Und den Rest setzt die SPD dann mit der Opposition durch?" So könne keine stabile Regierung aussehen, damit gebe man sich der Lächerlichkeit preis.

Offen wollte sich kaum ein CSU-Politiker dazu äußern. Parteichef Horst Seehofer hat seine Reihen bei der Weihnachtsfeier am Montagabend zur Ruhe ermahnt. Bereits in den vorherigen Tagen habe es aus Union und SPD "pausenlos Statements" gegeben. "So wird es ganz gewiss nichts", kritisierte Seehofer mit Blick auf eine große Koalition. Er rief alle Verhandlungspartner zu mehr Disziplin auf. Anders als die Jamaika-Sondierungen müssten die Gespräche mit der SPD vertraulich ablaufen: ohne Durchstechereien, ohne tägliche Kommentierungen oder Auftritte auf dem Balkon. Die Menschen erwarteten jetzt eine zügige Regierungsbildung. Die CSU werde alles in ihrer Macht Stehende dafür tun, sagte Seehofer - "aber nicht um jeden Preis".

Die größte Aufgabe sei nun, neues Vertrauen zwischen Union und SPD aufzubauen, fordert ein CSU-Unterhändler. Die Skepsis bleibt jedoch groß. "Ich bin überfragt, wie das gehen soll." Immerhin: Söder soll intern bereits angekündigt haben, er werde keinen Landtagswahlkampf gegen die Regierung in Berlin führen - fragt sich nur, welche.

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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