Corona:Schall und Rauch

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In Südafrika ist der Zigarettenverkauf verboten. Warum bloß?

Von Bernd Dörries

Es sind seltsame Schachteln, die plötzlich den Weg zu Südafrikas Rauchern finden. Auf manchen stehen die Warnhinweise auf Portugiesisch. Andere Zigaretten kommen ganz in Weiß mit chinesischen Schriftzeichen und einem Mundstück, das so rot aussieht, als habe eine Frau mit zu viel Lippenstift jede Zigarette in den Mund genommen. Sie verkaufen sich dennoch; in Südafrika können Raucher es sich derzeit nicht immer leisten, besonders wählerisch zu sein.

Seit dem 27. März dürfen sie keine Zigaretten mehr kaufen, Südafrika hat neben dem Nachbarland Botswana als wohl einziges Land der Welt den Verkauf von Tabak bis heute verboten, in Indien ist er wieder erlaubt. "Wir handeln im Interesse des Volkes", hatte Präsident Cyril Ramaphosa gesagt, Tabak erhöhe das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken.

Nur sind die sechs bis acht Millionen Raucher in Südafrika bisher wenig begeistert von der Bevormundung. Sie müssen sich nun ihre Zigaretten auf dem Schwarzmarkt besorgen und bis zum Fünffachen des üblichen Preises zahlen. Eine Schachtel Marlboro kann schnell mal zwölf Euro kosten.

Was soll das Ganze, fragen die Raucher wütend. Denn das Verbot ist mittlerweile zu einer Farce geworden. Zu einem Symbol dafür, wie Südafrikas Regierung zwar anfangs kompetent und schnell auf Corona reagierte - sich aber mittlerweile in seltsamen Verboten verzettelt. Mal gibt es keinen Alkohol, mal darf nur Winterkleidung verkauft werden, aber keine Sandalen oder Capri-Hosen. Große Konstante blieb das Zigarettenverbot, Raucher, die in der Öffentlichkeit erwischt wurden, sollten einen Beleg mit sich führen, dass ihre Kippen vor dem Verbot gekauft wurden, tönte der Polizeichef. Eine Begründung gab die Regierung lange nicht.

Anfangs hatte die für Katastrophenschutz zuständige Ministerin Nkosazana Dlamini-Zuma davon gesprochen, dass Raucher beim Drehen von Zigaretten die Blättchen mit Speichel befeuchten und so das Virus verbreiten. Nur wird in Südafrika wenig gedreht und dann auch nicht in riesigen Runden. Mittlerweile spricht Dlamini-Zuma von wissenschaftlichen Erkenntnissen, ohne sie preiszugeben. Was also weiß sie, was sonst offenbar keine Regierung der Welt weiß? Zu Beginn der Pandemie gab es recht unterschiedliche Studien, Forscher aus der einstmals stolzen Rauchernation Frankreich behaupteten, Nikotin könne gegen schwere Verläufe vorbeugen. Mittlerweile gibt es daran Zweifel, die nicht sehr überraschende Erkenntnis hat sich durchgesetzt, dass eine Raucherlunge bei einer oft die Lunge betreffenden Erkrankung wie Corona problematisch ist. Ein Verbot rechtfertige das jedoch nicht, klagt die südafrikanische Tabaklobby: "Wir akzeptieren, dass die Lunge besonders bei Langzeitrauchern in Mitleidenschaft gezogen wird, aber das kann nicht durch wenige Wochen ohne Zigaretten wiedergutgemacht werden."

Lobby und Raucher hoffen, dass der Regierung bald das Geld ausgeht; bisher sind ihr etwa 150 Millionen Euro an Steuern entgangen, viel für ein Land, das vor der Pleite steht. Das große Geschäft machen nun kriminelle Banden: Es gibt fast überall wieder Zigaretten, nur zu überhöhten Preisen.

© SZ vom 17.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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