Corona-Pandemie:SPD will klare Kriterien für Lockerungen

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Vor dem nächsten Bund-Länder-Treffen fordert Fraktionschef Rolf Mützenich eine einheitliche Strategie und kritisiert falsche Versprechungen - die US-Behörden lassen einen weiteren Impfstoff zu.

Von Michael Bauchmüller und Stefan Braun, Berlin

Die Corona-Pandemie hat in Deutschland am Wochenende einen neuen traurigen Höhepunkt erreicht. Laut Robert-Koch-Institut sind hierzulande mittlerweile mehr als 70 000 Menschen an oder mit dem Virus gestorben. Vor diesem Hintergrund werden wenige Tage vor dem nächsten Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten die Rufe nach einer einheitlichen Strategie für Lockerungen wie Verschärfungen immer lauter. Zugleich wächst die Zahl der Länderchefs, die beim von manchen abgelehnten Impfstoff Astra Zeneca die bislang beschlossene Impfreihenfolge aufbrechen möchten. Am Mittwoch wollen Angela Merkel und die Regierungschefs der Länder über Lockerungen beraten - vor dem Hintergrund zuletzt wieder gestiegener Infektionszahlen.

Vor dem Treffen übte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, deutliche Kritik am bisherigen Krisenmanagement. Mützenich sagte der Süddeutschen Zeitung, er hätte sich "weniger unabgestimmtes Vorpreschen einzelner Länder und mehr Geschlossenheit gewünscht". Das Durcheinander nach diesen Treffen habe "so ziemlich alle wütend gemacht".

Dazu beigetragen hätten nicht nur Eitelkeiten zwischen den Länderchefs. Leider habe sich auch gezeigt, "dass mancher Twitterbeitrag von Regierungsmitgliedern nicht so belastbar war", wie er sich das erhofft hätte. In diesem Zusammenhang verwies der SPD-Politiker auf das Test-Versprechen von Jens Spahn. Der Gesundheitsminister hatte zugesagt, dass alle Bürger vom 1. März an kostenlos getestet werden könnten. Diese Zusage hatte Kanzlerin Angela Merkel später wieder eingefangen. "Gutes Regieren stelle ich mir anders vor", sagte Mützenich.

Der SPD-Fraktionschef fordert, dass sich Bund und Länder am kommenden Mittwoch auf gemeinsame Kriterien für weitere Lockerungen oder auch deren Rücknahme verständigen. "Die Menschen müssen endlich wissen, wann und nach welchen Kriterien gelockert oder gegebenenfalls auch wieder verschärft wird." Das gelte für Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus, aber auch für Entscheidungen, einzelne Öffnungsschritte zu gehen.

Die Kritik am Impfstoff von Astra Zeneca wies Mützenich zurück. Es habe "regelrecht eine Kampagne" gegen das Vakzin gegeben, die "unberechtigte Zweifel geschürt" habe. Zuletzt war bekannt geworden, dass immer mehr Impfberechtigte eine Impfung mit diesem Stoff abgelehnt hatten. Viele Dosen waren ungenutzt liegen geblieben. Als Reaktion darauf hatten am Wochenende mehrere Ministerpräsidenten dazu aufgerufen, bei diesem Impfstoff die bisherige Reihenfolge der zu Impfenden aufzubrechen.

Bayerns Regierungschefs Markus Söder (CSU) sagte, es könne nicht sein, dass es einerseits zu wenig Impfstoff gebe, andererseits Astra Zeneca vielfach nicht verimpft werde. "Bevor er liegen bleibt, impfen, wer will", so Söder zur Bild am Sonntag. Auch Mützenich betonte, dass Impfstoff in so einer heiklen Situation nicht liegen bleiben dürfe. Zugleich warnte er davor, die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission einfach über Bord zu werfen. "Wir haben uns zu Recht entschieden, zuerst die besonders gefährdeten Gruppen zu impfen." Unterdessen erteilte die US-Arzneimittelbehörde FDA auch dem Impfstoff des amerikanischen Pharmakonzerns Johnson & Johnson eine Notfallzulassung.

Am Mittwoch eher nicht diskutiert werden dürfte die Frage, wie Schülerinnen und Schüler den Stoff aufholen können, den sie unter den Videokonferenz-Bedingungen der jüngsten Zeit nicht lernen konnten. Zum Ende des vergangenen Schuljahres waren in fast allen Bundesländern alle Schüler versetzt worden. Der Präsident des Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, warnt nun davor, das am Ende dieses Schuljahres einfach zu wiederholen. "Für einen Teil der Schüler sollte es die Möglichkeit geben, freiwillig die Klasse zu wiederholen", sagte Meidinger der Süddeutschen Zeitung. In diesem Zusatzjahr sollten dann auch Kurse in bestimmten Fächern angeboten werden, "um die Lücken des Vorvorjahres auszugleichen". Viele Schüler drohten sonst, dauerhaft den Anschluss zu verlieren. Ein Konzept dafür will der Verband demnächst vorlegen.

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