Vakzin-Verhandlungen:Nichts Besonderes

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"Bestmögliche Anstrengungen": Astra Zeneca hat dem britischen Premier Boris Johnson wohl nichts anderes versprochen als der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. (Foto: Geoff Caddick/AP)

Astra Zenecas Liefervertrag mit London ist öffentlich zugänglich. Er gleicht dem mit der EU.

Von Karoline Meta Beisel

Als der Pharmakonzern Astra Zeneca Ende Januar ankündigte, zunächst nur weniger Impfstoff als vereinbart an die EU ausliefern zu können, war die Empörung groß. Sie richtete sich zunächst gegen die EU-Kommission, die den dazugehörigen Vertrag ausgehandelt hatte. Aber es ging auch gegen das Unternehmen selbst, das die Liefermenge offenbar nur für Festlandeuropa, nicht aber für Großbritannien reduzieren wollte: Man habe der EU gegenüber nur "bestmögliche Anstrengungen" versprochen, und mehr sei nun eben nicht drin, wehrte sich das Unternehmen. Nun aber ist der Liefervertrag öffentlich geworden, den Astra Zeneca mit Großbritannien geschlossen hat - und nach der Lektüre erscheinen viele der früheren Aussagen zumindest zweifelhaft.

Da wäre zum einen der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Astra-Zeneca-Vorstandschef Pascal Soriot hatte zur Erklärung der Ungleichbehandlung von Großbritannien und den EU-Staaten ins Feld geführt, die EU habe ihren Vertrag nun einmal erst später abgeschlossen. Aus juristischer Sicht war das von vornherein ein schwaches Argument: Wer sein Fahrrad zweimal verkauft, ist nicht dem einen Käufer mehr als dem anderen verpflichtet, nur weil er dem ersten früher die Hand geschüttelt hat.

Nun aber scheint nicht einmal mehr das Datum dieses Argument zu stützen: Der 54-seitige britische Liefervertrag für Astra Zenecas Impfstoff AZD1222 datiert vom 28. August - einen Tag nach dem Inkrafttreten des Vorvertrags mit Brüssel, in dem die Eckpunkte für die EU-Lieferungen wie Mengen, Termine und Preise bereits enthalten waren.

Auch im Londoner Vertrag gibt es geschwärzte Passagen

Der zweite Punkt ist die Frage der "bestmöglichen Anstrengungen", auf die sich der Astra-Zeneca-Vorstand mit Blick auf den ehrgeizigen Zeitplan ebenfalls berufen hatte. Da der Vertrag mit der EU eine entsprechende Formulierung enthalten habe, gebe es überhaupt keine harte Lieferverpflichtung in Richtung EU. An dieser Klausel hatte sich ein Gutteil der Kritk an der EU-Kommission entzündet. Jetzt aber stellt sich heraus, dass auch der Vertrag mit Großbritannien diese Klausel enthält, und zwar viele Male. So verpflichtete sich Astra Zeneca zum Beispiel dazu, die vereinbarten Liefertermine so gut wie möglich einzuhalten oder auch sein Bestmögliches zu tun, um stets alle benötigten Rohstoffe für die Herstellung des Impfstoffs in ausreichender Menge vorzuhalten.

Dass die Inhalte des britischen Vertrages nun öffentlich diskutiert werden können, ist einem Kuriosum geschuldet. Nach Aufflammen des Konflikts waren erneut Forderungen laut geworden, die Verträge für die Impfstoffe endlich offenzulegen. Die EU-Kommission hatte das zunächst mit Verweis auf vereinbarte Vertraulichkeit zurückgewiesen und erst nach einigen Tagen eine geschwärzte Version veröffentlicht. Der britische Vertrag blieb dagegen weiter im Dunkeln - bis zu einer Anfrage des US-Fernsehsenders CNN bei der britischen Regierung. Diese wurde nun mit dem Link zu einem (ebenfalls teilweise geschwärzten) PDF beantwortet, das auf einer Internetseite der britischen Regierung offenbar bereits seit Monaten abrufbar war. Man musste eben nur wissen, wo.

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