Comic über Osama bin Laden:"Islamisten muss man auslachen"

Lesezeit: 3 min

Der Journalist und Autor Mohamed Sifaoui veröffentlicht seinen ersten Comic über Osama bin Laden - am 11. September.

Jan Hendrik Hinzel

Es gibt Menschen, die haben einfach starke Nerven. Und es gibt Menschen, die dank ihrer starken Nerven mutige Dinge tun. Mohamed Sifaoui ist einer dieser Menschen. Der Journalist und Schriftsteller hat jetzt in Frankreich einen Comic veröffentlicht, der in den kommenden Wochen durchaus für Aufsehen sorgen könnte. Schließlich beleidigt er in dem Buch nicht irgendwen, sondern den bekanntesten Terroristen der Welt persönlich: Osama bin Laden. Wie er dies tut, ist für den Leser allerdings äußerst amüsant.

Das Buch mit dem Titel Ben Laden Dévolé - auf deutsch Bin Laden - Enthüllt, zeigt Osama bin Ladens Werdegang als Terrorist. So besucht der junge Osama den als Prediger des Heiligen Krieges bekannten Palästinenser Scheich Abdullah Yusuf Assam, der als fetter, Kekse essender alter Mann dargestellt wird. Mit schielenden Augen blickt bin Laden auf sein Glas Tee, während der Scheich mit ihm seine Karriere als Terrorist plant.

Dabei will er eigentlich nur dessen Geld für seine Pläne zum Bau von Rekrutierungszentren und Religionsschulen haben. Osama selbst macht aus seinen eigentlich Ambitionen keinen Hehl. Er will Terrorist werden. Als er am Flughafen von Islamabad von einem Zollbeamten nach seinem Reisegrund gefragt wird, antwortet er deutlich: "Ich komme, um in den Dschihad gegen die Sowjets zu ziehen."

Die Zeit war reif für etwas Lustiges

Sifaoui zerstört den Mythos um Osama bin Laden aber nicht nur, indem er ihn einfach als das darstellt, was er ist - einen Terroristen. Vielmehr demontiert er Bin Laden auch dadurch, dass er ihn als nackten Mann mit seinen vielen Ehefrauen im Bett zeigt. "Vater hatte Recht", sagt eine von ihnen beim Anblick von Bin Ladens Penis. "Nichts, wovor man sich fürchten müsste."

Die Bilder entstanden in Zusammenarbeit mit dem französischen Comic-Zeichner Philippe Bercovici. "Ich habe Ideen und Inhalte beigesteuert, Philippe hat es dann gezeichnet", erzählt Sifaoui. Der ursprünglich aus Algerien stammende Sifaoui ist selbst Muslim, steht aber hinter dem laizistischen Konzept Frankreichs, das eine Trennung zwischen Staat und Religion vorsieht. Er selbst setzt sich für eine gemäßigte Form des Islam ein. Es ist das erste Mal, dass der 42-Jährige einen Comic veröffentlicht. Bisher hat er sich hauptsächlich als Journalist und Buchautor mit al-Qaida und islamischem Fundamentalismus beschäftigt. Außerdem setzt er sich in einem Blog mit dem Thema auseinander.

Ungefähr 70 Prozent des Buches entsprechen der Wahrheit. Der Rest sind dazu erfundende Anekdoten und Eventualitäten. Es sei jetzt an der Zeit gewesen, etwas Lustiges zu machen, erzählt Sifaoui. "Warum sollte man nicht über Terroristen lachen dürfen", fragt der Autor. "Das Lachen ist wie eine Medizin gegen das Klima des Terrors. Es ist unsere Art zu sagen, wir lassen uns von euch nicht einschüchtern", sagt der Autor weiter. Um das Buch lustig zu gestalten, müsse man eigentlich nur die Realität und abstrusen Argumente der Extremisten abbilden. "Letztendlich karikieren die Terroristen sich dadurch selbst." Man müsse sie einfach auslachen.

Islamisten dürften den Comic eher weniger lustig finden. Präsent sind noch die Bilder aus dem Jahr 2005, als die dänische Zeitung Jyllands Posten mehrere Karikaturen des Propheten Mohammed abdruckte. Eine Welle des Zorns ging durch die islamische Welt. Bei einem Selbstmordanschlag von Al-Qaida-Terroristen auf die dänische Botschaft in Pakistan starben im Sommer vergangenen Jahres sechs Menschen.

Bin Laden aber ist kein Prophet und seine Unterstützer sind hauptsächlich Fundamentalisten. Dennoch könnten sie Sifaoui gefährlich werden. In Algerien ist er 1996 schon einmal einem Attentat gegen seine Zeitung entgangen, in Frankreich habe er fünf Jahre lang unter Polizeischutz gestanden. Mehrere Freunde hätten Angehörige bei Anschlägen verloren, sagt der muslimische Schriftsteller und Journalist.

Der Autor ist Drohungen gewöhnt

Im Gespräch mit sueddeutsche.de gibt er sich unerschrocken. "Ach, die Drohungen sind doch nichts Neues", erzählt er. Böse Überraschungen erwarte er nicht. Die Islamisten seien ohnehin schon präsent und bedrohten ihn ständig. "Ich erhalte dauernd Schmähungen und Warnungen per E-Mail oder auf meinem Blog." Gleichzeitig genieße er auch viel Rückhalt, gerade unter Muslimen.

Sich selbst würde er wahrscheinlich nicht einmal als besonders mutig bezeichnen. Vielmehr sieht er es als selbstverständlich an, die ihm in Europa zustehende Pressefreiheit auszunutzen und zu verteidigen. "Wenn mir etwas nicht passt, sage ich es", erzählt Sifaoui. "Wenn ein Islamist mir sagt, ich solle so etwas nicht zeichnen, akzeptiere ich das nicht. Ich habe das Recht, es zu veröffentlichen." Er verstehe nicht, wieso sich die Europäer so sehr von Islamisten einschüchtern ließen. Sein Verleger Laurent Muller bezeichnet das 100 Seiten starke Buch darum auch als "demokratischen Gegenschlag" auf die islamischen Extremisten.

Ob der Comic auch in anderen Sprachen veröffentlicht wird, ist noch nicht sicher. Das Interesse der Verleger in Europa ist prinzipiell groß. Dennoch halten sie sich bislang zurück. "Viele haben Angst, dass sie anschließend bedroht werden", sagt Fisaoui. Auch in islamischen Ländern würde er seinen Comic gerne veröffentlichten, allerdings dürfte die Suche nach Verlegern sich dort als noch schwieriger erweisen.

Das Erscheinungsdatum in Frankreich ist jedenfalls mit Absicht auf den 11. September gefallen. "Das ist meine Rache an al-Qaida", sagt der Autor und lacht. Die Islamisten können sich seiner Meinung nach ruhig aufregen: "Je mehr sich die Islamisten ärgern, desto mehr freue ich mich."

Hier der Link zu Mohamed Sifaouis Blog.

© sueddeutsche.de/jhh/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: