China:Chancenlos im Kampf um umstrittenes Gebiet

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Rodrigo Duterte (links) und Chinas Premier Li Keqiang in Peking. (Foto: REUTERS)

Fünfmal reiste Philippiniens Präsident Duterte nach Peking, aber die Ansprüche seines Landes im Südchinesischen Meer kann er nicht durchsetzen.

Von Arne Perras, Singapur

Zumindest protokollarisch lag der Gast aus Manila nicht ganz auf Linie. Während Chinas Staatschef Xi Jinping zum Treffen mit dem philippinischen Präsidenten schwarzen Anzug mit blauer Krawatte trug, ließ es Rodrigo Duterte deutlich lockerer angehen. Er kam im grauen Anzug mit offenem Hemd, den Schlips ließ er weg. Womöglich war das ein rebellisches Signal an die Philippiner zu Hause und sollte die Botschaft übermitteln: Duterte traut sich eben doch was, wenn er in Peking weilt.

Vermutlich hat es Duterte geärgert, dass ihn Landsleute schon als Feigling verhöhnten, nachdem er die Kollision eines philippinischen Fischerbootes mit einem chinesischen Trawler vor einigen Wochen zu einem "kleinen maritimen Vorfall" heruntergespielt hatte.

Der Konflikt um kollidierende Interessen im Südchinesischen Meer galt als der heikelste Punkt des viertägigen Duterte-Besuchs. Aber der Gast schien mit seiner Ankündigung, Tacheles in Peking zu sprechen, dann doch nicht sehr weit gekommen zu sein. Zwar brachte er nach eigenen Angaben den Schiedsspruch des Haager Gerichtshofs zur Sprache, wonach Chinas Ansprüche im Südchinesischen Meer einer rechtlichen Grundlage entbehrten. Doch ob und wie lange Xi und Duterte tatsächlich über dieses brisante Thema diskutierten, blieb zunächst unklar. Von chinesischer Seite jedenfalls verlautete dazu offiziell nichts. Im Ergebnis gibt es keinerlei erkennbare Bewegung Chinas zu den umstrittenen Gebietsansprüchen, angesichts des Machtgefälles zwischen Peking und Manila war das auch kaum zu erwarten.

Nach der Rückkehr von Duterte nach Manila erklärte dessen Sprecher, beide Seiten hätten sich immerhin gegenseitig zugesichert, auf See künftig "provokative und aggressive Aktionen zu unterlassen", so dass Feindseligkeiten vermieden werden könnten. Auch dazu gab es von chinesischer Seite zunächst keine entsprechende Bestätigung.

Zwar können die Philippinen seit 2016 für sich reklamieren, das internationale Recht auf ihrer Seite zu haben. Aber auch nach dem fünften Besuch Dutertes bleibt im Südchinesischen Meer alles, wie es ist. Peking hat durch das Aufschütten künstlicher Inseln und eine rasche Militarisierung des Seegebiets Fakten geschaffen, Manila kann sie mit diplomatischen Mitteln nicht verrücken. Und Krieg gegen China zu führen, das sei "Selbstmord", predigt Duterte seinen Landsleuten immer wieder. Die können diesem Gedanken zwar folgen, aber Frust bleibt, wie ihn auch ein Kolumnist im Philippine Inquirer beschreibt: "Das Regime Dutertes glaubt, wir hätten mehr zu gewinnen, wenn wir uns den Wünschen Chinas beugen anstatt auf unsere Rechte als souveräner Staat zu pochen. Aber Unterwürfigkeit gegenüber einem anderen Land sieht niemals gut aus."

Mit ganz leeren Händen aber kehrte Duterte dann auch nicht heim, eine Reihe von wirtschaftlichen Vereinbarungen wurde getroffen. So gewährt China einen Großkredit für den Bau einer Eisenbahn, es soll Erleichterungen in der Zollabwicklung geben, außerdem wurden Abkommen für eine engere Zusammenarbeit im Bildungs- und Technologiesektor vereinbart.

Am bedeutsamsten dürfte die Gründung eines Lenkungsausschusses sein, der eine gemeinsame Ausbeutung von Ressourcen im Südchinesischen Meer vorbereiten soll. Duterte hält dies offenbar für einen gesichtswahrenden Schritt, der sicherstellen könnte, dass die Philippinen nicht ganz aus den Rohstoffgeschäften im Südchinesischen Meer verdrängt werden und daran mitverdienen. Die Philippinen brauchen dringend Zugang zu neuen Gasvorkommen. Dutertes Kritiker allerdings sehen die Gefahr, dass Manila seine Schätze im Meer zu leichtfertig preisgeben könnte.

Ob die Vorbereitungen in ein Abkommen münden, ist offen. Peking drängt darauf, ein gelungenes Joint Venture mit Manila könnte Signalwirkung haben und ähnliche Abkommen mit anderen Nachbarn erleichtern. Ob das Kalkül aufgeht? Noch ist das nicht sicher.

Vietnam zum Beispiel treibt die Erkundung von Gas- und Ölvorkommen nahe der Spratly-Inseln voran, ohne China einzubinden, der Staat pocht auf internationales Recht, wonach Länder innerhalb einer 200-Meilen-Zone ein exklusives Recht auf Ausbeutung der Bodenschätze besitzen. Das steht im Widerspruch sich zu den Ansprüchen Chinas, das historische Rechte bemüht, um das Südchinesische Meer für sich zu reklamieren.

© SZ vom 02.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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