CDU:Die Chance

Friedrich Merz kommt zurück - das belebt die ganze CDU.

Von Stefan Braun

Friedrich Merz will CDU-Chef werden - vor 15 Jahren wäre das eine mittlere Meldung gewesen. Heute ist es eine Sensation. Nicht so sehr, weil der 62-Jährige von diesem Posten geträumt hat. Das Außergewöhnliche ist, dass er mit seiner Kandidatur eine reelle Chance hat. Seit neun Jahren ist er nicht mehr im Bundestag, seit 14 Jahren ist er innerlich ausgeschieden. Trotzdem trifft er in der Partei auf einen Resonanzboden, den so nur wenige erwartet haben.

Damit wird klar, dass die CDU eine Debatte über ihren Kurs und ihr Selbstverständnis bitter nötig hat. Ja, sie hat viel zu lange sehnsüchtig darauf gewartet, weil inhaltliche Diskussionen immer und immer wieder von machtpolitischen Erwägungen überlagert wurden. Das lag keineswegs nur an Merkel; es lag vor allem daran, dass auch viele andere offene Debatten als Gefahr für den Machterhalt gefürchtet haben. Jetzt aber, da ein echter Wettbewerb um Parteivorsitz und Positionen möglich geworden ist, fühlt es sich für viele Christdemokraten an, als habe endlich jemand ein Ventil geöffnet.

Keine Kandidatur steht dafür so sehr wie die von Merz. Sollte er es schaffen, die Partei dadurch aus ihrem Wachkoma zu führen, hätte schon das allein Gutes bewirkt. Ob Merz gewinnen kann, ob er gar Kanzler werden könnte, hängt vor allem von ihm selbst ab. Ein Rachefeldzug nach 18 Jahren Merkel wäre ein sicherer Weg in die Niederlage. Nur wenn es ihm gelingt, die Partei trotz einer Neubetonung von Sicherheit und Ordnung zusammenzuführen, kann er für die CDU zu einer realen Chance werden.

© SZ vom 31.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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