Kampagnenorganisation:Campact verliert Status der Gemeinnützigkeit

Demonstrationen für Europa - Köln

Pro-Europa-Demonstration in Köln: Laut dem Finanzamt Berlin steht nicht die Information über politische Prozesse im Vordergrund der Campact-Kampagnen, sondern vielmehr die Einflussnahme auf diese.

(Foto: picture alliance/dpa)
  • Die Kampagnenorgnaisation Campact hat den Status einer gemeinnützigen Organisation verloren.
  • Das entschied das Finanzamt Berlin nach einer entsprechenden Prüfung.
  • Der Schritt war erwartet worden, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) im Februar dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac die Gemeinnützigkeit aberkannt hatte.

Die Finanzbehörden haben der Kampagnenorganisation Campact den Status einer gemeinnützigen Organisation aberkannt. Eine entsprechende Entscheidung habe das Berliner Finanzamt für Körperschaften dem Verein nach Prüfung der Jahre 2015 bis 2017 schriftlich mitgeteilt, informierte Campact am Montag.

Der Schritt war erwartet worden, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) im Februar dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac die Gemeinnützigkeit aberkannt hatte. Campact sei überwiegend allgemeinpolitisch tätig gewesen und habe Kampagnen zu Themen durchgeführt, die keinem gemeinnützigen Zweck der Abgabenordnung zugeordnet werden könnten, begründete das Finanzamt demnach seine Entscheidung. "Auch handelt es sich bei den Kampagnen nicht um politische Bildung. Im Vordergrund stand nicht die Information über politische Prozesse, sondern vielmehr die Einflussnahme auf diese", hieß es im Steuerbescheid für 2016.

Spender können ihre Spenden nicht mehr steuerlich absetzen

"Nach Attac ist jetzt Campact an der Reihe und verliert den Status der Gemeinnützigkeit. Was für ein fatales Zeichen: In Zeiten, wo Hunderttausende Menschen mit Campact für Klimaschutz und gegen Rechts auf der Straße streiten, wird deren Engagement als nicht gemeinnützig abgewertet und entwürdigt", kritisierte Campact-Vorstand Felix Kolb.

Mit der Entscheidung können Spender ihre Spenden an Campact nicht mehr steuerlich absetzen. Laut Kolb muss der Verein, der in Berlin und Verden sitzt, nun für die zurückliegenden Jahre etwa 300 000 Euro Schenkungssteuer nachzahlen. Allerdings sei er optimistisch, dass die Spender der Organisation treu blieben. Seit dem Attac-Urteil habe Campact vorsorglich keine Spendenbescheinigungen mehr ausgestellt. Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen wollte den Schritt mit Verweis auf das Steuergeheimnis weder bestätigen noch kommentieren.

Ende Februar hatten die obersten Finanzrichter in einem Grundsatzurteil dem Attac-Trägerverein den Status der Gemeinnützigkeit entzogen. Sie argumentierten, dass der Verein mit seinen Aktivitäten die Grenze zur "allgemeinpolitischen Betätigung" überschreite, indem er eigene Kampagnen lanciere, um die politische Willensbildung und öffentliche Meinung zu beeinflusse. Der Trägerverein habe daher keinen Anspruch auf die Vergünstigungen vom Finanzamt, die gemeinnützigen Vereinen gewährt werden.

Campact will vorerst nicht gegen die Entscheidung klagen

Schon damals war erwartet worden, dass die Entscheidung auch für andere Organisationen im Spektrum politischer Meinungsbildung folgenschwer sein könnte. Klagen will Campact gegen die Entscheidung des Finanzamts erst einmal nicht, wie Olga Perov von der Pressestelle des Vereins der SZ sagte. Wegen des Grundsatzurteils des Bundesfinanzhofs zu Attac sehe man wenig Aussichten auf eine andere Entscheidung. Vielmehr hoffe man, "dass ein politischer Prozess in Gang komme", an dessen Ende die Regeln für die Gemeinnützigkeit geändert würden.

Forderungen aus der Union, auch der Deutschen Umwelthilfe den Gemeinnützigkeitsstatus' zu entziehen, liefen hingegen bislang ins Leere. Offenbar sehen die zuständigen Behörden hier die Kriterien der Gemeinnützigkeit als erfüllt an.

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