Burundi:Genozid-Stimmung

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Die Rhetorik in dem afrikanischen Land erinnert allmählich an Ruanda vor dem Völkermord. Tausende Oppositionelle haben Burundi schon verlassen, es mehren sich die Vorwürfe gegen die Polizei, die äußerst rabiat eingreift.

Von Isabel Pfaff, München

Trotz eindringlicher Appelle der internationalen Gemeinschaft ist kein Ende der Gewalt in Burundi absehbar. Allein am Wochenende wurden nach Angaben von Menschenrechtlern mindestens sieben Menschen in der Hauptstadt Bujumbura getötet. Der Verdacht falle auf die Polizei, hieß es.

Seit April wird der ostafrikanische Kleinstaat von Kämpfen zwischen Polizei und Armee einerseits und Oppositionsanhängern andererseits erschüttert. Auslöser war das umstrittene Streben von Präsident Pierre Nkurunziza nach einer dritten Amtszeit; inzwischen hat Nkurunziza, nach einer international scharf kritisierten Wahl im Juli, diese Amtszeit angetreten. Bei den seither andauernden blutigen Übergriffen sind nach Angaben von Menschenrechtlern mindestens 200 Menschen getötet worden, darunter zahlreiche Oppositionelle und Menschenrechtsaktivisten, aber auch einige prominente Regierungspolitiker. Mehr als 210 000 Menschen sind seit Beginn der Unruhen ins Ausland geflohen; die Flüchtlingslager der ohnehin schon kriegsgeplagten Region sind überlastet. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, die USA, die EU und einige Länder haben jüngst eindringlich das Ende der politisch motivierten Gewalt gefordert.

Am Wochenende nahmen die Spannungen gefährlich zu. Zunächst löste die Ermordung eines Sohnes eines prominenten Nkurunziza-Kritikers am Freitag weltweite Empörung aus. Zudem lief in der Nacht auf Sonntag ein Ultimatum des Präsidenten aus, wonach sich seine Gegner bis Mitternacht ergeben sollten - anderenfalls würden die Sicherheitskräfte "alle Mittel einsetzen, um ihre Arbeit zu erledigen". Daraufhin flohen insbesondere die Einwohner jener Viertel der Hauptstadt, die als Hochburgen der Opposition gelten. Nach Angaben des französischen Auslandssenders RFI durchsuchen Polizisten seit Sonntagmorgen die Häuser in jenen Vierteln. Auch das nächtliche Attentat mit sieben Toten fand in einem dieser Stadtteile statt, es wird der Polizei zugerechnet.

An diesem Montag will sich der UN-Sicherheitsrat mit der Eskalation in Burundi beschäftigen. Die International Crisis Group warnte erst am Freitag vor möglichen Massenverbrechen und einem neuen Bürgerkrieg in Burundi, wo erst vor zehn Jahren ein blutiger Konflikt zu Ende gegangen war. Insbesondere die Wortwahl des Präsidenten und seiner Entourage sei beunruhigend, so die Crisis Group: Die Rhetorik "ist für Burundier unmissverständlich und ähnelt eiskalt jener, die in Ruanda in den Neunzigerjahren vor dem Genozid benutzt wurde".

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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