Bundeswehr:Unter Beschuss

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Afghanische Soldaten in Kundus, wo die Bundeswehr Berater einsetzt. (Foto: Ajmal Kakar/imago)

Auf dem deutschen Außenposten "Camp Pamir" in Kundus schlugen am Sonntag mehrere Mörsergranaten ein. Verletzt wurde niemand. Der Angriff facht die Diskussion um die Sicherheit der Soldaten in Afghanistan an.

Von Mike Szymanski, Berlin

Soldaten der Bundeswehr sind am Sonntag in Afghanistan unter Beschuss geraten. Auf dem Außenposten Camp Pamir in Kundus schlugen um 7.37 Uhr deutscher Zeit mehrere Mörsergranaten ein. Nach Angaben des Einsatzführungskommandos in Potsdam seien glücklicherweise keine Soldaten zu Schaden gekommen. "Alle sind wohlauf", meldete gegen Mittag die Bundeswehr. Derzeit sind im Camp Pamir etwa 100 Bundeswehrsoldaten stationiert und mit der Ausbildung der afghanischen Streitkräfte im Kampf gegen die Taliban beauftragt. Zum Zeitpunkt des Angriffs seien die Soldaten mit der Beratung der afghanischen Soldaten beschäftigt gewesen. Insgesamt hat die Bundeswehr derzeit etwa 1200 Soldaten in Afghanistan im Einsatz.

Im Osten Afghanistans wurden zwei US-Soldaten getötet

In Kundus hatten die Deutschen bis 2013 ein Feldlager. Der Ortsname hat sich eingeprägt: Dort lernte die Bundeswehr schmerzhaft, was es heißt, in einem Kriegsgebiet zu operieren, Soldaten zu verlieren und Zivilisten sterben zu sehen. Mit deutscher Hilfe wird dort, nur ein paar Kilometer vom alten Lager entfernt, seit April 2018 mit dauerhafter Militärpräsenz das 217. Korps der afghanischen Armee aufgebaut. Die Zusammenarbeit geht so weit, dass deutsche und afghanische Soldaten zusammen in der Operationszentrale die Einsätze besprechen. Die radikal-islamistischen Taliban haben in den vergangenen Jahren wieder an Stärke gewonnen und greifen mittlerweile sogar die großen Städte an. Im April 2019 konnte die afghanische Armee eine Attacke auf Kundus gerade noch abwehren.

Das Lager Pamir ist nicht zum ersten Mal unter Beschuss geraten. Im August feuerten Taliban acht Geschosse auf das Camp, vier davon schlugen ein. Die Sorge um die Sicherheit der Soldaten hat unlängst den Wehrbeauftragten des Bundestages, Hans-Peter Bartels, auf den Plan gerufen. In seinem im Januar vorgestellten Jahresbericht kritisiert er mangelnde Schutzvorkehrungen für die Soldaten. Die Unterbringung in "ungeschützten, gemieteten Unterkünften" bezeichnete er in seinem Bericht als unzureichend. Speisesaal und Sanitätscontainer seien nicht speziell gegen Beschuss gehärtet. Während eines Truppenbesuchs hätten sich Soldaten darüber beklagt, dass es kein Frühwarnsystem im Camp gebe. Das Verteidigungsministerium habe Bartels gegenüber Verzögerungen beim Aufbau eines Frühwarnsystems eingeräumt und dies mit der "Komplexität der Baumaßnahme" begründet. Übergangsweise müssten sich die Soldaten mit einer Notlösung zufrieden geben. Bartels hielt in seinem Bericht fest, das Ministerium müsse nun schnellstens für ein "geschütztes Feldlager" sorgen.

Wie angespannt die Sicherheitslage im Land ist, zeigt auch ein zweiter Vorfall vom Wochenende. Zwei US-Soldaten sind bei einem gemeinsamen Einsatz mit örtlichen Streitkräften im Osten Afghanistans getötet worden. Sechs weitere wurden verletzt, wie ein Sprecher des US-Militärs in Afghanistan, Oberst Sonny Leggett, am Sonntag mitteilte. Eine Person in afghanischer Uniform habe mit einer automatischen Waffe das Feuer auf die Soldaten eröffnet. Der Vorfall habe sich am Samstag in der Provinz Nangarhar zugetragen. Die verletzten Soldaten würden in einer US-Einrichtung medizinisch behandelt. Medienberichten zufolge kamen bei dem Einsatz auch afghanische Soldaten ums Leben.

Offiziell haben die USA etwa 14 000 Soldaten in Afghanistan stationiert. 8500 sind im Zuge der Nato-Ausbildungsmission "Resolute Support" (RS), an der sich auch Deutschland beteiligt, im Land und bilden einheimische Sicherheitskräfte aus. Die anderen unterstützen den Anti-Terror-Kampf im Land oder den RS-Einsatz oder beides.

Der Krieg in Afghanistan ist der längste in der Geschichte der USA. Von den USA angeführte Truppen waren nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 einmarschiert, um die damals regierenden Taliban zu stürzen. Derzeit verhandelt die US-Regierung mit Vertretern der radikalen Islamisten über eine Beendigung der Kämpfe und eine Friedenslösung. Die Taliban wollen den Abzug der internationalen Truppen. US-Präsident Donald Trump hat im Zuge der Gespräche einen Abzug von US-Soldaten in Aussicht gestellt. Seither herrscht Unsicherheit auch über die Zukunft des deutschen Einsatzes in Afghanistan.

© SZ vom 10.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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