Bundeswehr:Ein Bett in der Kaserne

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Wehrbeauftragter Hans-Peter Bartels. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Mit 25 ist Schluss: Soldaten müssen dann nicht mehr in der Kaserne schlafen. Doch auch wenn sie wollen, gibt es oft keinen Platz für sie. Der Wehrbauftragte Bartels fordert nun ein Recht auf Unterkunft.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels fordert, zusätzliche Unterkünfte für Soldaten bereitzustellen. "Jeder Soldat sollte das Recht auf Unterkunft in der Kaserne haben, wenn er oder sie das will", sagte er der Süddeutschen Zeitung. "Wenn Soldaten schon zwischen Wohn- und Dienstort pendeln müssen, dann sollte man die Umstände im Sinn der Soldaten gestalten und nicht im Sinn der Bürokratie."

Soldaten sind im Regelfall unterkunftspflichtig, müssen also unter der Woche in der Kaserne schlafen, bevor sie 25 Jahre alt werden. Danach sind sie nicht mehr unterkunftspflichtig. "Das wird dann von der Bundeswehr-Bürokratie in der Regel so ausgelegt, dass sie auch keinen Anspruch mehr auf einen Platz in der Kaserne haben - selbst wenn sie dort gern übernachten würden, weil sie wie 70 Prozent aller Soldaten Pendler sind, ihr Hauptwohnsitz also weit entfernt liegt", sagte Bartels.

Das heißt dann für die Soldaten, dass sie sich eine eigene Wohnung in der Nähe suchen müssen - was einen finanziellen Nachteil bedeutet, wenn sie zu diesem Zeitpunkt keinen anerkannten eigenen Hausstand und damit keinen Anspruch auf das sogenannte Trennungsgeld haben. Damit ein eigener Hausstand anerkannt wird, gibt es exakt definierte Voraussetzungen. Von der Problematik betroffen ist also nur ein bestimmter Kreis von Soldaten, zu dessen genauer Größe aber weder der Wehrbeauftragte noch das Verteidigungsministerium Angaben machen konnten.

Bartels berichtete von Truppenbesuchen, bei denen er in jüngster Zeit auf "extreme Zustände" gestoßen sei. "Bei den Fallschirmjägern in Zweibrücken ist es so, dass dort die Zweimannstuben mit jeweils vier Mann belegt sind", berichtete er. Grund sei eine "Solidaritätsaktion" unter den dort stationierten Soldaten. "Diejenigen, die über 25 sind, wollen nicht aus der Kaserne ausziehen - und die Kameraden rücken enger zusammen, um Platz für sie zu schaffen", sagte Bartels.

Ähnliche Zustände gebe es beim Jagdbombergeschwader in Büchel. "Dort wohnen die Infanteristen der Sicherungstruppe in Sechs-Mann-Stuben", so Bartels. "Die Zustände in den Unterkünften sind außerdem teils baustellenartig. Da müssen wir von Attraktivität der Bundeswehr erst gar nicht reden." Bartels fordert, zusätzliche Unterkünfte zu schaffen "und vor allem, keine Kasernen mehr abzugeben". Zudem dürfe es mit der Sanierung vorhandener Stuben "nicht mehr so ewig dauern, wie es bislang teilweise der Fall ist".

Die Notwendigkeit eines "Rechts auf Unterkunft in der Kaserne" ergibt sich nach Bartels' Ansicht auch aus der Aussetzung der Wehrpflicht. "Früher hatten wir eine Armee, die sich zum größten Teil aus Wehrpflichtigen und kurz dienenden Zeitsoldaten zusammensetzte, die allesamt unter 25 und somit unterkunftspflichtig waren", sagte er. "In der jetzigen Freiwilligenarmee hat sich das umgekehrt, jetzt ist die Altersschichtung so, dass die Jüngeren den kleineren Teil ausmachen." Die Bundeswehr sei mittlerweile "eine Pendler- und vor allem eine Familienarmee", sagte Bartels. "Dem muss die Politik der Verteidigungsministerin Rechnung tragen."

Nach Angaben aus Ministeriumskreisen wird bereits untersucht, wie die Situation verbessert werden könnte. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte schon kurz nach ihrem Amtsantritt das Ziel ausgegeben, die Bundeswehr "zu einem der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland" zu machen. Dabei ging es um die Frage, wie die Truppe familienfreundlicher werden könnte - aber ebenso darum, die Wohnsituation der Soldaten zu verbessern. Breites Echo hatte im Frühjahr 2014 die Ankündigung ausgelöst, die Stuben künftig mit Flachbildschirmen und Mini-Kühlschränken auszustatten.

Als die Ministerin dann im Sommer 2014 mehrere Standorte besuchte, zeigte sie sich bei der Marine in Eckernförde unangenehm überrascht davon, unter welchen Bedingungen die Soldaten wohnten. Es sei "abenteuerlich, in welchem Zustand" die Unterkünfte seien, sagte von der Leyen und kündigte an, die Sanierung zu beschleunigen. Zuletzt hatte der Bundeswehrverband gefordert, "Neubau- und Sanierungsvorhaben" zu beschleunigen. Zudem müsse "mehr bezahlbarer Wohnraum" in der Nähe der Standorte geschaffen werden.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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