Bundestagsdebatte zu Karenzzeiten:Opposition pocht auf gesetzliche Regelung

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Vom Ministerposten schnurstracks in ein Wirtschaftsunternehmen: Im Bundestag wurde über eine Regelung zu Karenzzeiten von Politikern diskutiert. Die Opposition will strikte Regeln, die Koalition setzt lieber auf die Kraft des reinen Gewissens.

Wie lange muss ein ausscheidendes Regierungsmitglied ausharren, bis es in die Wirtschaft wechseln darf? Im Bundestag wurde an diesem Donnerstag über Karenzzeiten beim Wechsel von Politikern in die Wirtschaft diskutiert. Die Opposition hat sich dabei klar für eine konkrete Regelung ausgesprochen.

"Es braucht klare gesetzliche Regelungen, die Zeit einer Selbstverpflichtung ist längst vorbei", sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann. Nach den Spekulationen über einen Wechsel des früheren Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) zur Deutschen Bahn sei eine solche Regelung überfällig, betonte sie. Ein von den Grünen vorgelegter Gesetzentwurf folgt dem Vorschlag der Organisation Transparency International, die die Einführung einer dreijährigen Karenzzeit für Regierungsmitglieder für angemessen hält.

Ein rascher Wechsel von der Politik in die Wirtschaft "weckt immer Misstrauen", sagte die stellvertretende Linken-Chefin Halina Wawzyniak in der Debatte. Eine Verquickung von Wirtschaft und Politik und die Mitnahme von Insiderwissen solle ausgeschlossen werden, mahnte sie.

Der von den Linken vorgelegte Vorschlag sieht vor, die Dauer der Karenzzeit von der Länge der Regierungstätigkeit, dem Anspruch auf Übergangsgelder und der jeweiligen Ressortzuständigkeit abhängig zu machen. Wawzyniak räumte ein, dass die Karenzzeit eine Einschränkung der freien Berufswahl mit sich bringe. Dies sei aber gerechtfertigt, wenn Interessenskonflikte zwischen Politik und Wirtschaft bestehen.

Eine reine Gewissensfrage

Die Koalititon hat sich dagegen geschlossen gegen eine gesetzliche Regelung zur Karenzzeit ausgesprochen. "Politik und Wirtschaft brauchen eher mehr Austausch als weniger", sagte der CDU-Abgeordnete Bernhard Kaster. Er verwies zudem darauf, dass die Ausübung eines Ministeramtes immer zeitlich befristet sei und es davor und danach andere Tätigkeiten gebe. Den Wechsel dürfe nicht so erschweren werden, dass er in der Lebenswirklichkeit gar nicht mehr möglich sei, warnte Kastler.

Der SPD-Abgeordnete Mahmut Özdemir warb für eine "effektive und pragmatische Lösung". Diese könne bei einer Selbstverpflichtung ansetzen. Er unterstrich, dass strenge gesetzliche Vorgaben leicht einem Berufsverbot gleichkämen. "Ein beschränktes Berufsverbot wäre permanentem Streit unterworfen." sagte Özdemir. Auch seine Kollegin Sonja Steffen (SPD) sieht darin eine Gefahr: "Hier kommt man sehr schnell in den Bereich von verfassungswidrigen Berufsverboten."

© Süddeutsche.de/afp/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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