Bürgerschaft:Schlagabtausch um den Klimaschutz: Kritik der Opposition

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Es sollte ein Lobgesang auf die Klimapolitik der rot-grünen Koalition in Hamburg werden - doch stattdessen erlebten SPD und Grüne in der Hamburgischen Bürgerschaft heftigen Gegenwind. Die Vorwürfe reichten von Ankündigungsweltmeister bis hin zu Realitätsverweigerer.

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Hamburg (dpa/lno) - Das in der Hamburgischen Bürgerschaft geplante Selbstlob der rot-grünen Regierungskoalition zum Klimaschutz ist im Parlament zu einem hitzigen Schlagabtausch mit der Opposition geraten. Die Debatte angemeldet hatten die mitregierenden Grünen - und schon der Titel der Aktuellen Stunde am Mittwoch forderte die Opposition zum Widerspruch heraus. Lautete er doch: „Dank Klimaprotest, Klimaschutzgesetz und GEG (Gebäudeenergiegesetz): Das Ende fossiler Energie ist endlich zum Greifen nah - und ein wichtiger Schritt für eine sozial gerechte Zukunft.“

Das Ende der fossilen Energie solle in Sicht sein, fragte etwa die fraktionslose FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein. „Alter Schwede, das ist zwar wünschenswert, aber das ist doch schlicht unwahr.“ Wo bei den Grünen außen Wissenschaft draufstehe, sei Hokuspokus drin. „Sie sind Realitätsverweigerer.“ Die Wahrheit sei vielmehr, dass der Anteil erneuerbarer Energien am Strommarkt noch weit davon entfernt sei, um auf fossile Energien zu verzichten.

Die CDU-Abgeordnete Anke Frieling fragte, wie die Grünen auf die Idee mit der sozial gerechten Zukunft kämen. Schließlich sei Energie deutlich teurer geworden und das schlage sich überall nieder. Der Linken-Umweltexperte Stephan Jersch sprach mit Blick auf die Grünen von einer Überraschungsei-Anmeldung bei der Aktuellen Stunde, „bei der das Ergebnis, der Eigenjubel, natürlich klar ist“.

Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) sagte mit Blick auf den Klimawandel: „Die Dinge geraten ins Rutschen.“ Auch in Deutschland seien im Ahrtal viele Menschen „jämmerlich ertrunken“, weil die Folgen der Klimakrise nicht rechtzeitig bekämpft worden seien. Er reagierte damit insbesondere auf Abgeordnete der AfD, die Kerstan Panikmache vorwarfen. So sagte AfD-Fraktionsvize Alexander Wolf: „Er versucht uns und der Öffentlichkeit einzureden, dass Überschwemmungen und Unwetter, wie es sie immer gegeben hat und immer geben wird, dass das jetzt plötzlich mit den behaupteten Klimaänderungen zu tun hat.“

Kerstan beharrte mit Unterstützung der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen darauf, dass der Senat alles Notwendig mache, „um uns allen und auch den nachfolgenden Generationen eine gute Zukunft zu gewährleisten“. Er forderte alle Parlamentarier auf, an einem Strang zu ziehen. Der Senat müsse sich bei der Novellierung des Klimaschutzgesetzes nicht verstecken. „Wir werden mit dieser Vorlage wieder klimapolitische und rechtspolitische Geschichte schreiben“, sagte er unter Verweis auf die bundesweit einmalige kombinierte Solar- und Gründachpflicht. „Wir handeln und wir kommen auch voran.“

Den Plänen des Senats zufolge soll zusätzlich zu den bestehenden Regeln schon Anfang 2024 auch für Bestandsgebäude eine Photovoltaikpflicht bestehen. Wer dann sein Dach grundlegend sanieren wolle, müsse mindestens 30 Prozent der Fläche mit Solar-Paneelen versehen. Von 2027 an soll zudem sowohl für Neu- als auch Bestandsbauten eine Solargründachpflicht bestehen, das heißt zusätzlich zu den Solarpaneelen sollen mindestens 70 Prozent der Dachflächen begrünt sein. Darüber hinaus sollen neue oder erweiterte Parkplätze mit mindestens 35 Stellplätzen ebenfalls mit Solaranlagen ausgestattet werden müssen.

Der CDU-Umweltexperte Sandro Kappe sagte, obwohl Kerstan schon seit 2015 Umweltsenator sei, habe er in Sachen Solarenergie kaum etwas erreicht. So gebe es knapp 7000 öffentliche Gebäude und mehr als 1000 Liegenschaften der Stadt. „83 Gebäude von den 8000 haben eine PV-Anlage drauf.“ Das sei mehr als peinlich, sagte Kappe. Und auch bei den Heizungen, welche die Bürgerinnen und Bürger nun alle austauschen sollen, sei der Senat kein Vorbild, verwalte teils 35 Jahre alte Heizanlagen. Hinzu komme, dass die Behörden nicht wüssten, wie viel Energie sie eigentlich verbrauchen. Zudem: Von den 1044 städtischen Gebäuden sei nur bei 140 die Energieeffizienzklasse bekannt. „Als Ankündigungsweltmeister sind sie groß, als Umsetzer sind Sie klein“, sagte Kappe.

© dpa-infocom, dpa:230912-99-169537/3

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