Bürgerkrieg in Syrien:Syrische Opposition berichtet von Massaker mit 200 Toten

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Der gewaltsame Kampf zwischen Regime und Oppositionellen setzt sich in Syrien offenbar fort: Oppositionsgruppen berichten, Regierungstruppen hätten 200 Menschen getötet. Deutschlands Außenminister Westerwelle rief die Opposition zu einem Demokratiebekenntnis auf.

In der syrischen Stadt Daraja in der Nähe der Hauptstadt Damaskus sollen mehr als 200 Tote gefunden worden sein, berichten die Lokalen Koordinierungskomitees. Dies sind organisierte Zusammenschlüsse der Opposition. Die Toten seien Opfer der Regierungstruppen geworden, hieß es. Die Leichen seien in Häusern und Kellern entdeckt worden. Viele seien regelrecht hingerichtet worden.

Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte spricht sogar von etwa 320 Leichen, die am Wochenende in Daraja gefunden worden sein sollen. Die meisten Opfer seien vermutlich in den vergangenen Tagen bei einer Offensive der syrischen Armee getötet worden, teilte die in London ansässige Organisation mit. Die Beobachtungsstelle stützt sich bei der Bekanntgabe ihrer Opferzahlen auf die Aussagen von Aufständischen und Augenzeugen. Eine unabhängige Überprüfung ist nicht möglich, da unabhängige Medien kaum Zugang haben.

Großbritannien äußerte sich besorgt über die Lage in Syrien. Sollten sich die Angaben der syrischen Opposition bewahrheiten, wäre das Vorgehen der Regierungstruppen in Daraja eine "Gräueltat neuen Ausmaßes", die von der internationalen Gemeinschaft verurteilt werden müsse, erklärte Außenstaatssekretär Alistair Burt.

Zugleich betonte er, dass die Angaben schwer zu überprüfen seien. "Die fürchterliche Unterdrückung des Volkes durch das syrische Regime seit mehr als 17 Monaten hat wenig Raum für unabhängige Beobachter gelassen, um in Syrien zu arbeiten. Das macht es besonders schwer zu prüfen, was gestern geschehen ist", sagte er.

Angeblich geflohener Vizepräsident zeigt sich in der Öffentlichkeit

Erstmals soll sich ein Kommandeur abgesetzt haben, der größere Kampfverbände befehligt hatte. Jordanische Medien meldeten, General Mohammed Mussa al-Chairat habe am Samstag die Grenze überquert. Sein Name war im Januar auf einer von den Koordinationskomitees verbreiteten Liste aufgetaucht. Die Aktivisten hatten damals die Namen von Militärs gesammelt, die nach ihren Angaben an der brutalen Unterdrückung der Protestbewegung in ihrer Stadt beteiligt waren.

Unterdessen hat sich der syrische Vizepräsident Faruk al-Scharaa nach wochenlangen Gerüchten über seine angebliche Flucht erstmals wieder in der Öffentlichkeit gezeigt. Er wurde am Sonntag in Damaskus gesehen. Seit Mitte Juli war Al-Scharaa weder im Fernsehen noch bei öffentlichen Auftritten gesichtet worden. Daraufhin war spekuliert worden, dass der Vizepräsident zur Opposition übergelaufen und nach Jordanien geflohen sein soll.

In Jordanien soll außerdem erneut eine Rakete eingeschlagen sein. Nach jordanischen Angaben ging das Geschoss in der Nähe einer Grenzstadt nieder, ohne Schaden anzurichten. Die Regierung in Amman sei dennoch "sehr besorgt" über den Zwischenfall, erklärte der jordanische Informationsminister Samih al-Maajta. "Dies ist eine Verletzung der nationalen Souveränität, und unabhängig davon, ob es absichtlich oder nicht war, ist der Vorfall inakzeptabel", erklärte al-Maajta. Beim Einschlag von vier Raketen waren vor einer Woche mehrere Menschen in Jordanien verletzt worden.

Westerwelle mahnt Opposition

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte von der syrischen Opposition ein klares Bekenntnis zur Demokratie. "Nur wer sich geschlossen auf Demokratie und Toleranz verpflichtet, kann für alle Syrer eine glaubhafte Alternative zum Assad-Regime sein. Es darf keinesfalls zu einem Exodus von Minderheiten und Christen kommen", sagte Westerwelle der Zeitung Bild am Sonntag.

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/AFP/sana - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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