Bündnis:"Schlag ins Gesicht"

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„Dann reduzieren wir eben die Truppe, wenn sie ihre Rechnungen nicht begleichen“: Donald Trump hat den Abzug aus Deutschland angeordnet. (Foto: Cooper Neill/Bloomberg)

US-Sicherheitspolitiker beider Parteien halten nicht viel von Trumps Plänen. Das könnte noch interessant werden.

Von Reymer Klüver

Verteidigungsminister Mark Esper war erkennbar bemüht, die Sache in ein vorteilhaftes Licht zu rücken. Natürlich diene der geplante Abzug aus Deutschland ausschließlich lang gehegten militärpolitischen und strategischen Zielen der USA und ihrer Verbündeten. "Er erhöht die Abschreckung, stärkt die Alliierten, dient der Rückversicherung der Verbündeten", sagte Esper am Mittwoch. Die Umstrukturierungen würden dazu führen, dass künftig mehr Soldaten zeitlich begrenzt in den baltischen Staaten, in Polen und am Schwarzen Meer stationiert werden könnten. Die Flexibilität der US-Streitkräfte werde eindeutig erhöht. So weit der Minister.

Sein Chef gab sich gar nicht erst die Mühe, die wahren Absichten zu verbergen. Er will den renitenten Deutschen zeigen, wer im Bündnis Koch ist - und wer Kellner. Die Truppen seien schließlich da, um Deutschland zu beschützen. Aber "Deutschland zahlt nicht dafür", klagte US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus, nur Minuten nach dem Auftritt seines Ministers im Pentagon. Über 25 Jahre hinweg seien die Vereinigten Staaten von den Deutschen übervorteilt worden, beim Handel, in Sicherheitsfragen. "Dann reduzieren wir eben die Truppe, wenn sie ihre Rechnungen nicht begleichen."

Dass dies kein verbaler Ausrutscher war, bekräftigte Trump in einem Tweet am Donnerstagmorgen. Deutschland überweise Russland Milliarden für Energielieferungen, während die USA gleichzeitig Deutschland vor Russland schützten. "Was soll das?" Zudem seien die Deutschen mit ihrem "2%-Beitrag für die Nato" hinterher. "Deshalb ziehen wir einige Truppen aus Deutschland ab!" Der Abzug als Strafe, strategische Gründe jedenfalls führt der Oberkommandierende der US-Streitkräfte nicht an. Und eine Kostenersparnis bringt die Sache auch nicht. Der Abzug werde vielmehr ein paar Milliarden Dollar kosten, wie Verteidigungsminister Esper einräumte.

"Im Kreml muss heute Abend der Champagner in Strömen fließen."

Die Reaktionen amerikanischer Sicherheitspolitiker ist ziemlich eindeutig: Sie schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Der demokratische Senator Robert Menendez gab sich sarkastisch. "Im Kreml muss heute Abend der Champagner in Strömen fließen", sagte er. Die Pläne seien ein "Affront gegenüber einem unserer engsten Verbündeten". Im Gegensatz zu den Ankündigungen des Pentagon würden sie am Ende Amerikas Einfluss in Europa schwächen und Russland stärken.

Auch aus der eigenen Partei gab es Kritik. Der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat und heutige Senator Mitt Romney nannte die Pläne einen "schweren Irrtum" und ein "Geschenk für Russland". Anstatt dass die Allianz angesichts zunehmender Aggressionen durch Russland und China zusammenrücke, versetze die US-Regierung "einem Freund und Verbündeten einen Schlag ins Gesicht".

Auch die deutsche Botschafterin in Washington, Emily Haber, reagierte auf die Ankündigung, der Umgebung angemessen auf Twitter. "Wir sind und waren stets stolz, US-Truppen aufzunehmen", schrieb sie. "Deutschland ist ein verlässlicher Nato-Verbündeter und ihr drittgrößter Beitragszahler." Berlins oberste Diplomatin in den USA wird genau verfolgen, was Amerikas Präsident auf Twitter von sich gibt. Umgekehrt dürfte das nicht unbedingt der Fall sein.

© SZ vom 31.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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