Bubacks Sohn bei der CSU:"Mein Vater war ein Held"

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Vor 30 Jahren ermordete die RAF seinen Vater. Seither kämpft Michael Buback für die Aufklärung des Verbrechens, auch bei der CSU in München. Die Konservative redet von "Sühne" und fordert härtere Strafen für die Terroristen. Doch Buback sagt: Christian Klar habe auch "Pech" gehabt.

Oliver Das Gupta

Michael Buback steht falsch. Behutsam schiebt ihn CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann zwischen sich und zwei weitere Herren. Dann sind die Fotografen zufrieden, sie zücken ihre Kameras. Herrmann knipst sein Lächeln an. Buback lutscht ein Bonbon - und lächelt nicht.

Michael Buback (li.) und Joachim Herrmann beim CSU-"Fachgespräch" (Foto: Foto: AP)

Gleich redet er über seinen Vater, dessen Ermordung, dessen Mörder. Da ist ihm nicht nach Lachen zumute.

Die CSU-Fraktion hat ihn eingeladen, um über Recht und Gnade, über Schuld und Sühne im Münchner Landtagsgebäude zu sprechen. Dort warten im ehemaligen Senatssaal mehr als 200 Zuhörer, bei denen es sich vor allem um Gerichtspräsidenten, leitende Oberstaatsanwälte und Mitglieder des juristischen Arbeitskreises der CSU handelt. Viele haben braune und schwarze Aktentaschen auf den Boden gestellt.

Fraktionschef Herrmann beginnt. Er spricht von der "besonderen Raffinesse", Brigitte Mohnhaupts Freilassung auf den Beginn der Sommerzeit zu "terminieren". Von Umfragen, an denen Politik und Behörden nicht einfach "vorbeiagieren" dürften.

Und davon, dass die jüngste Grußbotschaft Christian Klars eine "eiskalte Verhöhnung" der Opfer sei. Er fordert "Sühne". Herrmann spricht laut und deutlich, lauter und deutlicher als Edmund Stoiber. Aber manchmal mäandert ein Satz in Stoiber-Manier aus Herrmanns Mund.

Dann ist Buback an der Reihe. Der Chemie-Professor aus Göttingen hat seinen Vortrag aufgeschrieben und liest den Text mit heiserer Stimme ab.

Der 62-Jährige kritisiert die Prozesse gegen die RAF-Köpfe, als die Angeklagten viele Verteidiger hatten - mehr an der Zahl, als sein Vater Staatsanwälte. Er schildert, wie sie in der Familie kurz vor dem Mord über eine mögliche Entführung sprachen und Siegfried Buback sagte: "Wehe, wenn ihr etwas für mich gebt."

Und Michael Buback spricht über Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar, die zum Mordkommando gehörten, das seinen Vater umbrachte. Buback ist gegen eine Begnadigung Klars. Denn eine Begnadigung setze voraus, dass der individuelle Tatbeitrag feststeht - doch bislang schwiegen Klar und Mohnhaupt.

Nach Buback geben auch der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, Karl Huber ("Bei der RAF hat der Rechtstaat gewonnen") und der evangelische Oberkirchenrat Detlev Bierbaum ("Der Sünder ist in der Tat getrennt von Gott") ihre Sicht zu der Causa ab.

Dann darf das Auditorium fragen: Es melden sich ausschließlich Juristen zu Wort, sprechen davon, die Mindesthaftdauer für Lebenslängliche zu verlängern - von 15 auf 20 Jahre.

Ein schneidiger Rechtsgelehrter aus Niederbayern versteht nicht, warum bei Klar und Mohnhaupt das Strafmaß für die besondere Schwere der Schuld nicht härter ausgefallen ist. "Wir in Straubing gehen schon mal 30 Jahre und höher."

Rote Armee Fraktion
:Die Opfer, die Täter, der Terror

Im Zuge der Studentenunruhen radikalisierten sich einige Linke zur Terrorgruppe. 1970 wurde die RAF gegründet - und mordete viele Jahre lang. Ein Überblick in Bildern.

Schließlich kommt Buback wieder zu Wort. Diesmal spricht er frei und spontan. Christian Klar habe das "Pech" gehabt, dass er "von Menschen mit krimineller Energie abgerichtet wurde". Klar sei hilflos, desorientiert und "schwer beschädigt" gewesen, als er zur RAF stieß. Buback erinnert daran, dass "auch Täter Angehörige" hätten - die ebenfalls litten.

Mord am Gründonnerstag 1977: Der Tatort mit den zugedeckten Leichen von Siegfried Buback und einem seiner Begleiter. Ein weiterer Polizist erlag später seinen Verletzungen. (Foto: Foto: dpa)

Buback sagt, 24 und 26 Jahre im Gefängnis seien "natürlich sehr lang", aber "angemessene Strafen" für die "Hinrichtung meines Vaters". Fassungslos macht Buback, dass während der langen Haftzeit keine Einsicht, "keine Besserung" bei Klar und anderen eingetreten sei. "Schrecklich" und "entsetzlich" finde er das. Buback versteht unter "Reue, dass man sich zu der Tat bekennt. Die Fakten, die Aufklärung - das ist das Entscheidende."

Die Mitdiskutanten auf dem Podium nicken, das Auditorium klatscht, dann ist der offizielle Teil der Veranstaltung beendet. Langsam strömen die Juristen mit und ohne Aktentaschen zum Buffet, zurück im Saal bleibt Michael Buback.

Auf ihn warten drei Kamerateams. Sie wollen noch einmal die Sätze zum Gnadengesuch Klars hören, die Buback bereits zuvor gesagt hat.

Anschließend redet Buback im Gespräch mit sueddeutsche.de über Brigitte Mohnhaupt. Dass sich die jüngst freigelassene RAF-Führerin laut Bundesanwaltschaft und ihrem Rechtsbeistand mit ihren Taten auseinandergesetzt habe und das Leid der Opfer-Angehörigen sehe, ist ihm neu. "Ich wäre froh, wenn diese Einsicht käme", sagt Buback.

Dann spricht Buback abermals von seinem "gutmütigen" Vater, der "gelassen nach neuen Wegen" gegen "einen grausamen Feind" gesucht habe. Bis zur Erschöpfung arbeitete er damals, erinnert sich sein Sohn. Dabei habe er zu wenig Mittel erhalten - auch weil er parteilos war, vermutet Buback.

Wenige Wochen vor seiner Ermordung hatte der damalige Generalbundesanwalt angekündigt, "Bonn auf die Pelle" zu rücken, um mehr Unterstützung zu erhalten, erzählt Michael Buback mit glasigen Augen. "Mein Vater und seine beiden erschossenen Begleiter waren Helden."

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