Brexit:Johnson für Verbot einer neuen Frist

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London will Verlängerung der Übergangsphase beim Austritt aus der EU verhindern.

Von Björn Finke und Cathrin Kahlweit, Brüssel/London

Der britische Premierminister Boris Johnson hat angekündigt, eine Verlängerung der Übergangsfrist, die nach dem Brexit am 31. Januar in Kraft tritt, zu verbieten. Bislang hatte das EU-Austrittsgesetz vorgesehen, dass Großbritannien eine Verlängerung der so genannten Transition beantragen kann, wenn bis Ende 2020 kein Freihandelsabkommen mit Brüssel ausgehandelt ist. Johnson erklärte nun, er wolle diese "Periode des Stillstands" nicht weiter ausgedehnt sehen, in der das Königreich zwar de jure aus der EU ausgetreten sein wird, aber de facto noch Teil des Binnenmarkts und der Zollunion bleibt. Laut Johnson seien elf Monate für das Aushandeln eines Abkommens mit Brüssel "völlig ausreichend", um einen "fantastischen Deal" zu erreichen.

Ein Sprecher der EU-Kommission wollte die Ankündigung des Premiers nicht kommentieren. Martin Schirdewan, Europaabgeordneter der Linken, klagte, dass Johnsons Vorgehen "einen Hard Brexit wieder wahrscheinlicher" mache. "Offenkundig ist er sich der Komplexität des anstehenden Vertragswerks nicht bewusst oder verweigert sich der Realität", sagte der einzige Deutsche im Brexit-Komitee des Europaparlaments.

Allerdings stellt es für die EU keine Überraschung dar, dass Johnson die Übergangsphase nicht verlängern will. Die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete den Zeitplan am vorigen Freitag, nach Bekanntgabe von Johnsons Wahlsieg, als "sehr herausfordernd". Normalerweise dauert es mehrere Jahre, einen Handelsvertrag abzuschließen. Da Standards und Wirtschaftsregeln in Großbritannien mit denen der EU übereinstimmen, könnte es schneller gehen. Doch Johnson möchte die Freiheit haben, in Zukunft von Brüsseler Vorgaben abzuweichen. Das wird die Gespräche erschweren.

Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen einem Abkommen am Ende zustimmen, spätestens bei einem Gipfeltreffen im Dezember. Damit stehen eher zehn als elf Monate für die Verhandlungen zur Verfügung. Von der Leyen verspricht, die Kommission werde direkt am 1. Februar bereit stehen, "um das Meiste aus der kurzen Zeit herauszuholen". Ihre Behörde werde dabei Prioritäten setzen. Vorrang bei den Gesprächen hätten Themen, bei denen Anfang 2021, nach Ende der Übergangsphase, "eine Klippe" drohe und bei denen es keine alternativen Lösungen gebe, wenn die Verhandlungen scheitern. Am Dienstag telefonierte die Deutsche mit Johnson und verkündete danach, sich mit dem Premier Anfang des neuen Jahres zu treffen.

Die britische Regierung kann eine Verlängerung der Übergangsphase bis Ende Juni beantragen. Bleibt das aus und sollte Premier Johnson dieses Versäumnis im Herbst bereuen, müsste der Austrittsvertrag aufgeschnürt werden, um einen Aufschub zu ermöglichen. Ein britisches Gesetz gegen solch eine Verlängerung würde diesen Schritt verkomplizieren, aber wohl nicht verhindern. Schließlich verfügt Johnson über eine große Mehrheit im britischen Unterhaus und könnte den Rechtsakt daher wieder aufheben.

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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