Brasilien:Lula da Silva aus der Haft entlassen

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Der Oberste Gerichtshof hat eine seit drei Jahren geltende Regelung über Gefängnisstrafen für ungültig erklärt.

Der brasilianische Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ist vorläufig aus der Haft entlassen worden. Der 74-Jährige verließ am Freitag das Polizeipräsidium von Curitiba, nachdem ein Richter seine sofortige Freilassung angeordnet hatte. Der frühere Staatschef wurde von zahlreichen Anhängern begeistert empfangen.

Am Donnerstag hatte der Oberste Gerichtshof entschieden, dass eine Person erst dann inhaftiert werden könne, wenn alle Berufungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien. Damit kassierte das Gericht eine drei Jahre geltende Regelung, die auch Haftstrafen nach zweiter Instanz ermöglichte. Lulas Anwälte erklärten laut der Zeitung Estado de São Paulo, das Urteil der Bundesrichter bekräftige, dass Lula "auf mit dem Gesetz unvereinbare Weise 579 Tage lang inhaftiert war".

Er ist frei: Luiz Inácio Lula da Silva (Mitte), 74, war von 2003 bis 2010 Präsident Brasiliens. 2017 wurde er wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Anhänger sahen das als politisches Urteil. (Foto: Henry Milleo/AFP)

Lula, der von 2003 bis 2010 Präsident war, hatte im April 2018 seine Haftstrafe in der Zentrale der Bundespolizei Curitiba im Süden Brasiliens angetreten. Rund 400 seiner Anhänger feierten in Curitiba nach der Gerichtsentscheidung vom Donnerstag. Von dem Urteil des Obersten Gerichts könnten laut dem Nationalen Rat der Justiz (CNJ) insgesamt 4895 Gefangene profitieren.

Die Neuregelung über den Antritt von Haftstrafen war unter anderem auf Druck vom damals zuständigen Richter für die Korruptionsermittlungen "Schnellwäsche" ("Lava Jato") und jetzigem Justizminister Sérgio Moro veranlasst worden. Mit der Aussicht auf sofortige Haftstrafe ohne langwierige Berufungsverfahren sollten Verdächtigte motiviert werden, mit der Justiz zusammenzuarbeiten. Kritiker sahen das Recht auf Unschuldsvermutung nicht gewährleistet. Brasiliens Justiz sah es als erwiesen an, dass Lula dem Baukonzern OAS Aufträge beim halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras verschafft hat. Als Gegenleistung soll er eine dreistöckige Luxuswohnung im Küstenort Guarujá bekommen haben. Lula bestreitet die Vorwürfe und sprach von einer politischen Verfolgung. Seine Kandidatur im Wahlkampf des vergangenen Jahres war nach der Verurteilung für nicht rechtskräftig erklärt worden.

© SZ vom 09.11.2019 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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