Brandenburg:Freie Bahn für Tesla

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Das Bundesland und sein Oberverwaltungsgericht ebnen dem US-Konzern den Weg für den Bau einer Gigafabrik, die viele Arbeitsplätze schafft. Zu Recht. Dennoch muss auch der Umweltschutz ernst genommen werden. Die Kritik an klagenden Umweltaktivisten ist jedenfalls völlig überzogen.

Von Jan Heidtmann

Den besten Ruf hat Elon Musk nicht. Der Chef des amerikanischen Autobauers Tesla gilt als recht rabiat, als einer, der mit Wucht durchsetzt, was er will. Nun will er in Brandenburg die vierte Gigafabrik seines Unternehmens bauen. Das Grundstück dafür ist mit Kiefern bepflanzt, und steht man dort, sieht es so aus, als habe Musk persönlich Hand angelegt: Es ist verwüstetes Land, noch ein paar dürre Baumgruppen sind geblieben, in wenigen Tagen werden die Bauarbeiter hier Wald im Umfang von 130 Fußballfeldern gerodet haben. Das Oberverwaltungsgericht Brandenburg hat nun entschieden, dass Tesla damit weitermachen darf. Es ist ein gutes Urteil - trotz aller Zerstörung. Befremdlich waren dafür die Aussagen einiger Grüner und der Industrielobby, die die Urteilsfindung begleiteten.

In der Sprache sich locker gebender Betriebswirte gehört Tesla derzeit zu den heißesten Unternehmen weltweit. Die Amerikaner sind einer der Technologieführer beim Bau von Elektroautos, die Ansiedlung ist nicht nur für Brandenburg, sondern für ganz Deutschland längst zum Prestigeprojekt geworden. Dazu kommen die ganz praktischen Auswirkungen: 500 000 Fahrzeuge im Jahr sollen in der Gemeinde Grünheide einmal produziert werden, 12 000 Menschen will das Unternehmen dafür Arbeit geben. Zulieferer müssen noch hinzugerechnet werden, auch die Auswirkungen auf die Gemeinde. Mehr Menschen, die Steuern zahlen, einkaufen und ihre Kinder auf Schulen schicken.

Auch wenn das Großprojekt des US-Konzerns wichtig ist, gilt es, die Umwelt ernst zu nehmen

Die Landesregierung in Potsdam hat deshalb für die Ansiedlung eigens die "Tesla-Taskforce" gegründet. Sie soll dem Unternehmen möglich machen, was in Deutschland unmöglich erscheint: Baubeginn noch in diesem Frühjahr, Produktionsbeginn kaum 15 Monate später. Umweltschutzfragen, die bei vielen anderen Projekten längst zum Aus geführt hätten, wurden handhabbar gemacht. So verbraucht die Tesla-Produktion voraussichtlich so viel Wasser wie die ganze Stadt Brandenburg, und das in einer Gegend mit vielen Schutzgebieten; weil die Baugenehmigung für Tesla frühestens im Sommer da sein wird, hat das Unternehmen schon jetzt eine Ausnahmegenehmigung zum Roden des Grundstücks bekommen. Die Vorschriften wurden derart gedehnt, dass Tesla und die Regierung nur froh sein können, dass diese Praxis noch einmal vor Gericht kam. Der Drahtseilakt Tesla ist nun rechtssicher.

Zu verdanken ist das der Grünen Liga. Der Umweltverband aus Brandenburg ist zwar ein leicht obskurer Verein aus prinzipienfesten Ökologen mit Wurzeln in der DDR. Aber die Angriffe, die sich die Naturschützer wegen ihrer Klage anhören mussten, waren nicht weniger fragwürdig. Der Bundesverband der Deutschen Industrie forderte, das Klagerecht von Umweltverbänden zu überdenken. Die Grünen standen dem kaum nach: "Eine Kiefernholzplantage zum Kampffeld zu machen, ist absurd. Das hat mit Naturschutz nichts tun!", sagte ihr umweltpolitischer Sprecher Oliver Krischer.

Jahrzehntelang ist für den Natur- und Umweltschutz von heute gekämpft worden, gerade von den Grünen. Das alles wegen einer vielleicht spektakulären Industrieansiedlung aus den USA aufzugeben, offenbart ein merkwürdiges Politikverständnis.

© SZ vom 22.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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