BGH:Neues Verfahren gegen Ruander

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Der Bundesgerichtshof hebt das Urteil gegen einen Rebellenführer im Stuttgarter Kriegsverbrecherprozess auf. Die Beweisaufnahme war außerordentlich aufwendig.

Der Prozess in Stuttgart dauerte viereinhalb Jahre und kostete etwa fünf Millionen Euro - jetzt muss das Mammutverfahren gegen einen ruandischen Rebellenführer wegen Kriegsverbrechen im Ostkongo zum Teil neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob am Donnerstag den 2015 ergangenen Schuldspruch gegen den Hauptangeklagten wegen Rechtsfehlern auf. Ein anderer Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart muss seinen Fall nun neu verhandeln. Der zweite in dem Verfahren angeklagte Ruander, den das OLG zu acht Jahren Haft verurteilt hatte, kommt nicht mehr vor Gericht. Bei ihm verwarf der BGH die Revisionen von Verteidigung und Anklage.

Beide Männer leben seit Jahrzehnten in Deutschland, fungierten aber aus der Ferne als Präsident und Erster Vizepräsident der FDLR ("Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas"). Die als Terrorgruppe eingestuften Rebellen hatten 2009 im Osten der Demokratischen Republik Kongo, die an Ruanda grenzt, mehrere Dörfer überfallen und mehr als 170 Männer, Frauen und Kinder niedergemetzelt. Mit diesen "Bestrafungsaktionen" wollten die Milizionäre die Bevölkerung von der Kooperation mit ihren Gegnern abschrecken. Zentrale Frage ist, inwieweit die Führungsspitze dafür verantwortlich gemacht werden kann.

Die Anklage in dem Fall war die erste nach dem 2002 eingeführten Völkerstrafgesetzbuch, das deutschen Ermittlern die Verfolgung von Kriegsverbrechen im Ausland ermöglicht. Um die Vorgänge aufklären zu können, ließ das OLG Zeugen aus Afrika einfliegen und versuchte, Opfer per Videoschalte zu befragen. Bei der Urteilsverkündung sprach der Vorsitzende Richter von einer "Herkulesaufgabe" und sagte: "So geht es nicht." An der Verurteilung beider Männer als Rädelsführer einer Terrorvereinigung gibt es zwar keine Zweifel. Den Hauptangeklagten hatte das OLG aber auch wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen zu 13 Jahren Haft verurteilt. An diesem Punkt "weisen die Urteilsgründe sowohl zu seinen Lasten als auch zu seinen Gunsten Rechtsfehler auf", heißt es in der BGH-Mitteilung. Für den BGH steht einerseits nicht fest, dass der Angeklagte die Verbrechen damit "objektiv förderte oder erleichterte". Andererseits muss das OLG nach Auffassung des BGH die Gräueltaten nicht nur als Kriegsverbrechen, sondern auch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bewerten.

© SZ vom 21.12.2018 / SZ, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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