Besetztes Gasfeld in Algerien:Geiseln und Entführer bei Luftangriff getötet

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Die Geiselnahme islamistischer Terroristen auf einem Gasfeld in Algerien hat offenbar zu einem Blutbad geführt: Bei einem Luftangriff des algerischen Militärs sind viele Menschen ums Leben gekommen. Unter den Toten sollen Geiseln und Geiselnehmer sein. Die Zahl der Opfer ist noch unklar. Die britische Regierung übt bereits Kritik an der Informationspolitik Algeriens. Europäische Energiekonzerne bringen ihr Personal aus dem Land in Sicherheit.

Bei einem Angriff der algerischen Luftwaffe auf das von Islamisten eroberte Gasfeld in Amenas sollen viele Menschen ums Leben gekommen sein. Über die Zahl der Opfer gibt es unterschiedliche Berichte. Die Nachrichtenagentur Reuters meldet unter Berufung auf einen lokalen Informanten, sechs ausländische Geiseln und acht Islamisten seien getötet worden.

Von 34 getöteten Geiseln und 15 getöteten Islamisten berichtete die mauretanische Nachrichtenagentur ANI, die enge Kontakte zu den Geiselnehmern hat. Später meldete ANI unter Berufung auf einen der Kidnapper, sieben ausländische Geiseln seien noch am Leben. Die Islamisten würden die restlichen Geiseln töten, falls die algerische Armee die Anlage stürmen sollte.

Auch über die Zahl angeblich befreiter ausländischer Geiseln gab es unterschiedliche Angaben. Die algerische Nachrichtenagentur APS berichtete von vier Ausländern, die bei der Militäraktion befreit worden seien, darunter ein Franzose, zwei Briten und ein Kenianer. In algerischen Sicherheitskreisen hieß es zuvor, 25 ausländische Geiseln seien den Islamisten entkommen.

Gesichert ist, dass ein irischer Mitarbeiter der Anlage in Sicherheit ist. Der 36 Jahre alte Familienvater habe Kontakt zu seiner Familie aufgenommen, die im nordirischen Belfast lebt, teilte das irische Außenministerium in Dublin mit. Der Mann sei "sicher und wohlauf" und gelte nicht länger als Geisel.

Die Regierung Großbritanniens hätte sich gewünscht, von der algerischen Regierung vor Beginn der Operation informiert zu werden. Dies sei aber nicht geschehen, sagte ein Sprecher von Premierminister David Cameron. Man habe erst nach Beginn der Aktion davon erfahren. Cameron sei "extrem besorgt" über die "sehr schwierige und ernste Situation", dies habe er dem algerischen Regierungschef Abdelmalek Sellal gesagt.

Auch die norwegische Regierung wurde von Algerien über die Militäraktion auf dem Gasfeld in Amenas informiert. Das sagte ein Regierungssprecher in Oslo dem Sender TV2. Zu Medienangaben über Tote auf Seiten der Geiseln und der Terroristen wollte sich der Sprecher nicht äußern. Unter den Geiseln sind auch neun Norweger.

Die algerische Regierung hatte zuvor Verhandlungen mit den Geiselnehmern ausgeschlossen, die nach eigenen Angaben 41 Ausländer in ihrer Gewalt hielten.

Ein Anwohner sagte der Nachrichtenagentur Reuters, das Militär habe Fahrzeuge der Geiselnehmer zerstört. ANI zufolge beschossen algerische Kampfhubschrauber das Gelände, auf dem islamistische Kämpfer Dutzende algerische und ausländische Arbeiter als Geiseln festhalten.

Ein Sprecher der Islamisten sagte, dass der Anführer der Kidnapper bei dem Angriff getötet worden sei, wie der arabische Nachrichtensender al-Dschasira auf seiner Internetseite berichtet.

Geiseln mussten Sprengstoffgürtel tragen

Einige der Geiseln in Algerien wurden einem Fernsehbericht zufolge schon vor der Militäraktion gezwungen, Sprengstoffgürtel zu tragen. Eine französische Geisel sagte laut dem Fernsehsender France 24, die Entführer seien schwer bewaffnet und drohten damit, die Einrichtungen an dem Gasfeld in die Luft zu sprengen, wenn das algerische Militär einen Befreiungsversuch starte.

Hinter der Geiselnahme steht nach algerischen Angaben die Organisation al-Qaida im islamischen Maghreb (Aqmi). Die Rebellen fordern ein Ende des französischen Einsatzes in Mali. Überdies wollen sie offenbar auch die Freilassung von inhaftierten Gesinnungsgenossen erpressen. Ein Augenzeuge der Geiselnahme sagte der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch, die in Algerien inhaftierten Islamisten sollten in den Norden Malis gebracht werden, dann würden die Geiseln freigelassen.

Die Islamisten hatten am Mittwoch die Förderanlage gestürmt. Ihre Aktion sei eine Vergeltung für Algeriens Unterstützung bei der französischen Militäraktion in Mali, erklärten sie.

Energiekonzerne bringen Personal in Sicherheit

Das spanische Unternehmen Cepsa und der britische BP-Konzern bringen angesichts des blutigen Geiseldramas in Algerien ihr Personal in Sicherheit. BP will Teile ihres Personals aus Algerien abziehen. Mitarbeiter, deren Anwesenheit für die Produktion nicht dringend notwendig ist, sollen außer Landes gebracht werden, teilte der Konzern in London mit. Es handele sich dabei um eine Vorsichtsmaßnahme.

Cepsa evakuierte zwei Probebohrfelder. Es handele sich dabei um eine rein prophylaktische Maßnahme, betonte das Unternehmen nach Angaben der spanischen Nachrichtenagentur Efe. Die Mitarbeiter von zwei Installationen im Osten Algeriens, an denen Probebohrungen vorgenommen werden, seien abgezogen worden. Ansonsten herrsche in den Einrichtungen des Unternehmens in Algerien Normalität. Spanien bezieht einen großen Teil seines Erdgases aus Algerien. Außenminister José Manuel García-Margallo betonte in Brüssel, der Konflikt in Mali werde die Erdgas-Versorgung nicht beeinträchtigen.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa/AFP/kjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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