Entführung in Algerien:Geiseln soll Flucht gelungen sein

Nach dem Überfall islamistischer Extremisten in Algerien sind Medienberichten zufolge mehrere Geiseln entkommen. Das Gasfeld ist weiter in der Hand der Terroristen, die algerische Armee hat die Anlage umstellt.

Von dem von Islamisten besetzten Gasfeld in Algerien sind Medienberichten zufolge Geiseln entkommen. 15 Ausländer, unter ihnen ein französisches Paar, seien vor ihren Geiselnehmern geflohen, berichtete der private Fernsehsender Ennahar unter Berufung auf eine "offizielle Quelle". Behördenangaben zufolge war zuvor bereits 30 algerischen Arbeitern die Flucht von der Anlage im Osten Algeriens gelungen. Die französische Botschaft in Algier bestätigte die Informationen allerdings nicht.

Die Angreifer hatten die Anlagen am Mittwoch gestürmt und zahlreiche Menschen als Geiseln genommen, unter ihnen US-Bürger, Japaner und Europäer. Bei dem Angriff waren ein Brite und ein Algerier getötet worden.

Seither belagert das Militär örtlichen Medien zufolge das Gasfeld im Osten des Landes. Algerische Militärhubschrauber haben nach Darstellung der Geiselnehmer einen Angriff auf das Gasfeld gestartet. Bei der Attacke seien Geiseln verletzt worden, sagte ein Sprecher der Terroristen der mauretanischen Nachrichtenagentur ANI. Die algerische Regierung schloss Verhandlungen mit den Geiselnehmern aus, die nach eigenen Angaben 41 Ausländer in ihrer Gewalt halten. Nach algerischen Quellen sind es dagegen etwa 20 Entführte.

Der Angriff erfolgte auf eine Produktionsstätte,die etwa 40 Kilometer von der ostalgerischen Stadt In Aménas entfernt liegt. British Petrol (BP) arbeitet dort mit dem norwegischen Konzern Statoil sowie mit dem algerischen Energieunternehmen Sonatrach zusammen. Ein Sprecher von Statoil bestätigte, dass Terroristen das Gasfeld "relativ schnell" erobert hätten.

"Die Situation vor Ort bleibt ungelöst und unsicher", teilte BP mit. "Wir tun alles, was wir können, um die Sicherheit unserer Leute zu gewährleisten und uns um ihre Familien zu kümmern - das hat oberste Priorität", sagte BP-Vorstandschef Bob Dudley. "Alle unsere Anstrengungen gehen dahin, die Behörden darin zu unterstützen, eine friedliche Lösung der Situation und eine sichere Rückkehr unserer Kollegen und aller anderen Gefangenen zu erreichen", sagte Dudley.

Geiseln tragen offenbar Sprengstoffgürtel

Hinter der Geiselnahme steht nach algerischen Angaben die Organisation al-Qaida im islamischen Maghreb (Aqmi). Die Rebellen fordern ein Ende des französischen Einsatzes in Mali. Überdies wollen sie offenbar auch die Freilassung von inhaftierten Gesinnungsgenossen erpressen. Ein Augenzeuge der Geiselnahme sagte der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch, die in Algerien inhaftierten Islamisten sollten in den Norden Malis gebracht werden, dann würden die Geiseln freigelassen.

Einige der Geiseln in Algerien müssen einem Fernsehbericht zufolge Sprengstoffgürtel tragen. Eine französische Geisel sagte laut dem Fernsehsender France 24, die Entführer seien schwer bewaffnet und drohten damit, die Einrichtungen an dem Gasfeld in die Luft zu sprengen, wenn das algerische Militär einen Befreiungsversuch starte.

"Sie haben die beiden Anlagen gleichzeitig angegriffen. Sie sind hineingegangen und haben alle zusammengetrieben, sobald es hell wurde", sagte der Mann in einem Ausschnitt eines Telefongesprächs, das am Donnerstag gesendet wurde.

Dringlichkeitssitzung der EU-Außenminister

Die EU will den Einsatz von Militärausbildern in Mali beschleunigen. Insgesamt soll die Ausbildungsmission etwa 450 Soldaten umfassen, darunter etwa 200 Militärausbilder. Dies beschlossen die EU-Außenminister bei einem Sondertreffen in Brüssel. Außer Frankreich haben bisher Deutschland, Italien, Spanien, Schweden, Estland, Slowenien und Belgien die Bereitschaft zur Teilnahme erklärt.

Die Außenminister wollen auch über finanzielle und logistische Hilfe für die Entsendung der 3300 Mann starken Kampftruppe der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas sprechen. Die Afrikaner sollen an der Seite Frankreichs gegen die radikalen Islamisten in Mali kämpfen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat den Einsatz deutscher Kampftruppen zur Unterstützung der französischen Militärintervention in Mali ausgeschlossen.

In Mali gehen die Kämpfe unterdessen weiter. In der Stadt Diabali sei es am Mittwoch zu schweren Auseinandersetzungen französischer und malischer Einheiten mit islamistischen Rebellen gekommen, meldete der französische Sender BFM TV unter Berufung auf Augenzeugen. Die Rebellen hatten die Stadt am Montag eingenommen. Der Konflikt droht auf Nachbarstaaten überzugreifen.

Zehntausende Menschen sind in Mali auf der Flucht, etwa 150.000 suchten bereits in Nachbarstaaten Zuflucht. Mehrere Hilfsorganisationen wie die Welthungerhilfe wiesen auf die prekäre humanitäre Lage hin. Vor allem Frauen und Kinder seien bedroht.

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