Berlin:Teure Gleichheit

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Studenten oder Studierende? Die Frage, wie das Studentenwerk heißen soll, spaltet die Studenten-, äh, Studierendenschaft.

Von Johann Osel, München

Als "Vorstoß zur Gleichstellung" sehen Berliner Studentenvertreter die Idee, als teurer "Gender-Wahn" gilt sie einer Boulevardzeitung in der Hauptstadt: Das Studentenwerk soll zum Studierendenwerk werden, auf Schildern, in Broschüren und, so hoffen die Initiatoren, im Alltag. "Warum soll das Studierendenwerk nur nach Männern benannt sein? Studentinnen zahlen 50 Prozent der Beiträge zum Studierendenwerk", sagt eine Asta-Referentin, die mit Verbündeten das Projekt an die SPD-Bildungssenatorin herangetragen hatte. Prompt kommen Fragen auf, die es auch in anderen Bundesländern gab, wo der Name schon wechselte. In Online-Netzwerken tobt die Debatte: Zu teuer? Grammatikalisch korrekt? Übertrieben?

Zuletzt löste das Thema in Nordrhein-Westfalen Kritik aus. Die liberalen Hochschulgruppen sprachen von "einer ideologisch motivierten Geldverschwendung". Die Kollegen (und Kolleginnen) der Grünen konterten: "Studierende" sei "eine elegante Möglichkeit, geschlechtergerechte Sprache im Alltag zu etablieren". Uneleganter mutet an, was Gleichstellungsbeauftragte sonst so austüfteln: "Student_innen", "StudentX" oder "Studier*". Einerseits verwenden Unis heute offiziell das Wort Studierende (außer ein Rektor gibt mal nicht acht). Auf dem Campus hört man das Wort dennoch eher selten. Viele Professoren hadern damit, zum Beispiel einige Juristen an der Uni München: "Studierende" sei Partizip Präsens. Etwas, das man im Moment tut, kein ständiger Status. Studenten seien aber nicht 24 Stunden am Tag studierend, der Begriff sei "Blödsinn".

Regelmäßig keimt ein Sprachstreit an den Hochschulen auf. Als die Grundordnung der Universität Leipzig 2013 das Femininum für alle festschrieb, gab es monatelang Aufregung - "Herr Professorin" wird trotzdem keiner genannt. In Passau rügte die Uni-Gleichstellungsbeauftragte einen "Fensterln-Wettbewerb", im Brauchtum die Aufwartung am Fenster der Geliebten. Studenten vom konservativen RCDS empfahlen der Dame einen Job "oberhalb des Weißwurstäquators", den "Gender-Wahnsinn" solle sie gleich mitnehmen - wozu die Umbenennung von Studentenwerken zähle. Das Geld sei in Lehre besser investiert. In Berlin schätzt die Verwaltung die Kosten in einer längeren Übergangsfrist auf 800 000 Euro. Darunter fielen viele Kosten, die ohnehin entstünden.

Das Berliner Parlament dürfte zustimmen. "Es sei denn, die CDU bekommt kalte Füße", twittert eine Grünen-Politikerin. Ein CDU-Mann sieht zwar eine "Verschandelung" der Sprache. Doch einen schwarz-roten Koalitionsstreit riskiert man in der Frage kaum.

© SZ vom 16.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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