Berlin:Terrorverdacht gegen Syrer

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Polizei vor dem Wohnhaus des Verdächtigen in Schöneberg. (Foto: Hannibal Hanschke/Reuters)

GSG 9 verhaftet 26-jährigen Islamisten - er soll an einer Bombe gebaut und einen Anschlag geplant haben.

Von Jan Heidtmann, Berlin

Spezialeinsatzkräfte der GSG 9 haben am Dienstag einen jungen Mann aus Syrien in seiner Wohnung im Berliner Bezirk Schöneberg wegen Terrorverdachts verhaftet. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe rechnet den 26-Jährigen dem radikal-islamistischen Spektrum zu, er soll sich bereits seit Januar Chemikalien und Teile zum Bau einer Bombe beschafft haben. "Diese sollte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt an einem unbekannten Ort in Deutschland gezündet werden, um eine möglichst große Anzahl an Menschen zu töten und zu verletzen", heißt es bei der Bundesanwaltschaft.

Die Ermittler gehen davon aus, dass der Mann den Anschlag mit dem hochexplosiven Sprengstoff Triacetontriperoxid (TATP) hätte ausführen wollen. Schon im August und September habe er einige Chemikalien dafür beschafft. TATP wird häufig bei Terroranschlägen verwendet, es ist leicht und günstig herzustellen, unter anderem aus Haarbleichmitteln und Nagellackentferner. Der Sprengstoff war bei den Anschlägen in Paris 2015 eingesetzt worden.

Die Generalstaatswaltschaft Berlin wirft dem Verdächtigen zudem vor, Teil einer Chatgruppe mit mehreren Dutzend Mitgliedern im Messengerdienst Telegram gewesen zu sein, die den radikalen Islamisten des IS nahesteht. Dort seien auch Anleitungen zur Herstellung von Sprengstoff und zum Bau von Waffen ausgetauscht worden. Der 26-Jährige soll sich in neun Fällen konkret darüber ausgetauscht haben, wie Plastiksprengstoff, Paket- und Magnetbomben zu produzieren sind. Außerdem soll es in den Chats um den Bau von Türfallen und die Beschaffung von Sturmgewehren vom Typ Kalaschnikow gegangen sein.

"Wir gehen davon aus, dass es eine beträchtliche Gefahr gab", sagte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD). Der Verdächtige hat nach Aussage Geisels bis September im Berliner Bode-Museum gearbeitet, dann war er als Reinigungskraft an einer Berliner Grundschule beschäftigt. Erste Hinweise auf den Mann sollen von einem ausländischen Geheimdienst gekommen sein. Anders als deutsche Sicherheitsdienste dürfen einige ausländische Ermittlerbehörden Chats mitlesen.

Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios soll der Mann bereits seit mehreren Monaten von den Sicherheitsbehörden beobachtet worden sein, schließlich habe das Berliner Landeskriminalamt den Fall an das Bundeskriminalamt übergeben. Die Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof hatten am 5. November einen Beschluss zur Durchsuchung der Wohnung des Syrers erlassen. Dass diese erst zwei Wochen später durchsucht wurde, hat nach Angaben der Bundesanwaltschaft mit juristischen Zuständigkeiten, aber auch mit "ermittlungstaktischen Erwägungen" zu tun. So sei es bei Antiterroreinsätzen besonders wichtig, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, zudem müsse der Einsatz der Spezialkräfte vorbereitet werden.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) bedankte sich bei den Sicherheitskräften. Sie hätten davon ausgehen müssen, "dass der Verdächtige ein konkretes Vorhaben in Berlin oder darüber hinaus umsetzen möchte, einen Anschlag", so Müller. "Es ist ein gutes Zeichen, dass die Arbeit so fundiert organisiert ist von der Polizei, dass man in Verdachtsfällen sofort handeln kann."

Nach Einschätzung der Berliner Staatsanwaltschaft werden häufiger Terroranschläge von Islamisten in Deutschland geplant. "Gott sei Dank gelingt es oft, solche Anschlagspläne frühzeitig zu erkennen und zu stoppen", sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft angesichts der Verhaftung des verdächtigen Syrers. Im Mai begann in Berlin der Prozess gegen einen Islamisten aus Russland, der in seiner Wohnung eine größere Menge TATP gelagert haben soll.

© SZ vom 20.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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