Berlin:Schwierige Schlichtung

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Deutschland will der ausländischen Einmischung ein Ende setzen. Gelingt das?

Von Paul-Anton Krüger

Von ihrer Reise in die Länder der Sahel-Zone im Mai brachte Bundeskanzlerin Angela Merkel eine wichtige Erkenntnis mit: Wenn die Krise in Libyen nicht gelöst wird, wo de facto seit fünf Jahren ein Bürgerkrieg tobt, dann werden sich auch die südlichen Nachbarländer nicht stabilisieren lassen. In Burkina Faso etwa, das gerade von Terrorakten islamistischer Extremisten erschüttert wird, forderte Staatspräsident Roch Marc Kaboré beim Treffen mit Merkel in der Hauptstadt in Ouagadougou eine gemeinsame Position der Europäer zu Libyen, eine Forderung, die auch die anderen Mitglieder der G-5-Gruppe teilen, zu der neben Burkina Faso auch Mali, Niger, Mauretanien und Tschad gehören.

Davon ausgehend startete die Kanzlerin zusammen mit dem Auswärtigen Amt und dem UN-Sondergesandten Ghassan Salamé eine Vermittlungsinitiative. Ihr Ziel ist es, der ausländischen Einmischung in den Bürgerkrieg ein Ende zu setzen und so die Voraussetzungen zu schaffen für einen von den libyschen Konfliktparteien getragenen Friedensprozess. Die Bundesregierung trägt damit der von Experten und den UN geteilten Sicht Rechnung, dass vor allem das militärische Engagement von Regionalmächten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten aufseiten des Kriegsherrn Khalifa Haftar und der Türkei und Katars aufseiten der international anerkannten Regierung unter Premier Fayez al-Serraj den Konflikt befeuert.

Ob die Konferenz in Berlin zustande kommt, ist fraglich

Zudem versucht Deutschland als neutraler Vermittler, den Streit zwischen Frankreich und Italien beizulegen. Während Rom die Regierung in Tripolis unterstützt, die als wichtiger Partner im Kampf gegen die illegale Migration gilt, hat sich Paris auf Haftars Seite geschlagen und sieht ihn als Kämpfer gegen islamistische Extremisten in Libyen, selbst wenn in Haftars Reihen radikale salafistische Milizen eine wichtige Rolle spielen. Getrieben ist das Engagement auch von der Migrationspolitik; Libyens südliche Nachbarn sind wichtige Transitstaaten auf der Route nach Europa. Auch die Sorge vor einem Erstarken der Terrormiliz Islamischer Staat in Libyen treibt Berlin um. Ende September flogen die US-Drohnen Luftangriffe im Süden des Landes und töteten Dutzende Terroristen.

Doch ob eine ursprünglich für Dezember anvisierte internationale Konferenz in Berlin noch zustande kommt, ist inzwischen fraglich. Am Mittwoch kamen in Berlin hochrangige Diplomaten zu einem vierten Vorbereitungstreffen zusammen. Dem Vernehmen nach liegt ein Entwurf für eine gemeinsame Schlusserklärung vor. Allerdings verlangten einige Staaten einen detaillierten Umsetzungsplan, der die künftigen Machtstrukturen in Libyen vorzeichnen solle - ein Versuch, Haftars Interessen international festzuschreiben.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, man sei bei dem Treffen "ein gutes Stück vorangekommen" und arbeite konstruktiv daran, die Rahmenbedingungen für einen innerlibyschen Friedensprozess unter UN-Ägide zu schaffen. Inzwischen gebe es in vielen Kernpunkten Konsens, unter anderem darüber, dass "es keine militärische Lösung gibt und dass wir jetzt dringend eine Waffenruhe brauchen". Die Ereignisse in Libyen allerdings sprechen eine andere Sprache. Sie legen nahe, dass beide Seiten eine militärische Entscheidung suchen und dabei auf ihre ausländischen Unterstützer setzen, die in Berlin mit am Tisch saßen.

© SZ vom 25.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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