Berlin:Rauschkontrolle

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Die Hauptstadt plant Drogenuntersuchungen zum Schutz von Konsumenten.

Von Verena Mayer

Was sich hinter Namen wie "Punisher", "Teddybär" oder "Defqon" verbirgt, dürften die wenigsten wissen. Man muss dafür schon auf eine der Websites von Drogenberatungsstellen, auf denen verschiedenste Pillen, Pulver und Kristalle aufgeführt sind. Dort erfährt man dann, dass etwa "Defqon" eine Ecstasy-Tablette ist, rund und blassviolett und so hoch dosiert, dass es lebensgefährlich sein kann, mehr als ein Viertel davon zu schlucken.

Partydrogen sind in Deutschland längst allgegenwärtig. Besonders in Berlin, Europas Partyhauptstadt, gehören sie zum Nachtleben wie Türsteher und Technomusik. Und das nicht nur jetzt, aber natürlich verstärkt rund um Silvester. Immer wieder hat es in den vergangenen Jahren Fälle von Überdosierungen gegeben, im März gelangte das Schicksal einer amerikanischen Touristin an die Öffentlichkeit, die 2017 im Club Berghain gleich zwei Ecstasy-Tabletten geschluckt hatte und wenig später tot war. Wenn es nach dem Berliner Senat geht, sollen die Feiernden in Zukunft zumindest wissen, was sie da konsumieren.

Vor einigen Wochen wurde ein Projekt gestartet, das es Leuten künftig ermöglichen soll, ihre Partydrogen vor dem Konsum untersuchen zu lassen. Vor allem Tabletten, Pulver und Kristalle, die psychoaktive Substanzen enthalten, sollen getestet werden, so die Berliner Landesdrogenbeauftragte Christine Köhler-Azara. 150 000 Euro lässt sich der Berliner Senat das Projekt bis Ende 2019 kosten.

Noch befindet sich der Modellversuch im Entwicklungsstadium, konkret getestet wurde bislang nicht. Denn viele Dinge müssen geklärt werden, unter anderem, wer wo und wie Pillen entgegennimmt. Ob es eine feste Anlaufstelle geben soll oder Drogentester von Club zu Club gehen. Auch rechtlich ist die Lage schwierig, schließlich geht es um illegale Substanzen, die am Schwarzmarkt erworben wurden. Frühere Modelle scheiterten daran, dass sich irgendwann die Staatsanwaltschaft einschaltete. Es gibt aber einen starken politischen Willen, die Drogentests sind Teil des Koalitionsvertrags der rot-rot-grünen Regierung. Die Landesdrogenbeauftragte lässt derzeit klären, ob für die Tests eine Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel- und Medizinprodukte notwendig ist.

Berlin hinkt dem Trend dabei hinterher. Denn sogenanntes drug checking gibt es schon in anderen europäischen Städten. In Wien sind Drogentester bei Festivals unterwegs, in Zürich wird seit 2001 im Auftrag der Stadt getestet. Dienstags und freitags kann man Substanzen vorbeibringen, wobei darauf hingewiesen wird, dass Amphetamine in Pastenform zu trocknen sind und LSD auf Zucker nicht angenommen wird. Das Resultat kann man per Mail oder telefonisch abfragen, auf der Website wird fast tagesaktuell vor den Drogen gewarnt, die im Umlauf sind. Zusätzlich müssen sich die Partygänger einem Beratungsgespräch unterziehen.

Man müsse sich dem Fakt stellen, dass sich Drogenkonsum nicht verhindern lasse, sagt Lutz Leichsenring von der Berliner Clubcommission, dem Interessensverband der Berliner Clubbetreiber. Aber man habe eine Erfahrung schon gemacht: dass die Leute am Ende weniger Drogen konsumieren, sobald sie mehr über sie wissen.

© SZ vom 28.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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