Berlin:Mutige Worte zum Geleit

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Unglaubliche 14 Jahre Bauzeit: der Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt im Süden der Hauptstadt. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Nach Jahren der Verzögerung und inmitten der Corona-Krise eröffnet der BER, was Ministerpräsident Woidke mit den Worten würdigt: "Wir erleben heute den ersten Tag einer Erfolgsgeschichte."

Von Jan Heidtmann, Berlin

Hunderte Schaulustige hatten sich am Wochenende auf den Weg zum BER gemacht. Und wenn man sich überlegt, wofür ein Flughafen eigentlich da ist, für Reisende, dann fand die neun Jahre lang erwartete Eröffnung des Airports erst am Samstagabend statt. Um 20 Uhr räumte das Sicherheitspersonal seine Position vor den Rolltreppen und gab damit auch die Abflughalle frei. Unter den Menschen, die sich das gigantische Gebäude, das einmal Deutschlands größte Baustelle war, anschauen wollten, waren auch Silvia und Dieter Schönhals. Das Paar wohnt in Mahlow, ein kleiner Ort, voll in der Flugschneise, nur wenige Autominuten entfernt. Während die Frau noch arbeite, sei er schon in Rente, erzählte Dieter Schönhals gut gelaunt. "Wir freuen uns sehr über den Flughafen", das Paar besitzt eine Wohnung auf Lanzarote. Und die Kosten? Die ewige Baustelle? "Ach", sagte Dieter Schönhals, "weiter geht's."

Um 20.05 Uhr am Samstagabend war der erste Ferienflieger am Terminal 1 des BER gelandet, eine Maschine der Easyjet aus Fuerteventura. Am Sonntagmorgen um 6:45 Uhr dann startete der erste Linienflug, Destination London-Gatwick. Für einen gerade erst eröffneten Flughafen fühlte sich das sehr gewöhnlich an. Ausgerechnet Andreas Scheuer brachte es auf den Punkt.

Für den Bundesverkehrsminister von der CSU ist der BER keine Herzensangelegenheit, er hat mit ihm von Amts wegen zu tun. Trotzdem erfasste Scheuer die Stimmung des Eröffnungswochenendes ziemlich gut. "Es ist kein Jubeltag, es ist ein Arbeitstag", sagte er bei der kleinen Feier am Samstag. Mehrere Milliarden Euro zusätzliche Baukosten, der Flugverkehr durch die Corona-Pandemie zusammengebrochen - der versöhnliche Blick zurück ist ebenso versperrt wie der hoffnungsfrohe nach vorn.

Das Programm der Eröffnungsfeier war in den vergangenen Tagen immer weiter zusammengeschnurrt, am Ende trafen vielleicht 60 geladene Gäste rund um die Besucherterrasse im Terminal 1 zusammen. 2012 waren noch 40 000 eingeladen gewesen, die Differenz hatte natürlich mit dem Coronavirus zu tun. Aber eben nicht nur. So war es interessant zu sehen, wie die Gäste in ihren Grußworten das Desaster BER mit dem Aufbruch BER zusammenbringen wollten. Lufthansa-Chef Carsten Spohr löste das Dilemma lakonisch. "Hat zwar ein paar Jahre länger gedauert", sagte er. Aber es sei "schön, hier zu sein". Am weitesten wagte sich Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) vor und verkündete: "Wir erleben heute den ersten Tag einer Erfolgsgeschichte." Die Aussage war mutig, auch weil Woidke als Landeschef das Drama um den BER jahrelang direkt miterlebt hat. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup, der den Flughafen nach 2017 letztendlich in Gang gebracht hatte, verwies auf das "Durchhaltevermögen". Es sei das Markenzeichen seines Teams gewesen. Dies sei auch jetzt wieder notwendig. Industrieansiedlungen wie Tesla in Brandenburg und die Entwicklung des Siemens-Campus in Berlin machten zumindest Hoffnung. "Es wird sich lohnen, der BER wird ein wichtiger Garant für die wirtschaftliche Entwicklung der Region sein."

Zum Betriebsstart versammelten sich dann der Flughafenchef und die Vorstände von Lufthansa und Easyjet vor einem Podium, um zum Start jeweils auf einen dicken roten Knopf zu drücken. Ein anachronistischer Akt, der aber in gewisser Weise auch zum BER passt, der merkwürdig vertraut wirkt. So, als sei er schon eine ganze Weile da.

Auf einen ganz anderen Anachronismus verwiesen am Samstag die Aktivisten von "Am Boden bleiben" und anderen Klimaschutzinitiativen. Eigentlich war ihr Plan gewesen, die "BER-Eröffnung auf Eis zu legen". Es blieb dann bei vielleicht 700 Menschen, die mit Fahrrädern, Plakaten und Pinguinkostümen demonstrierten. Eine massive Polizeipräsenz verhinderte, dass der Protest auch nur ansatzweise zünden konnte. An diesem Eröffnungswochenende hatte die Flughafengesellschaft nichts mehr dem Zufall überlassen.

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